Es hat sich so manches verändert im Leben der Kleinbäuerinnen im Distrikt Dolakha in Nepal. Mit Bienenzucht, Tomatenanbau oder Ziegenhaltung gepaart mit Wissen über neue landwirtschaftliche Anbautechniken haben sich ihre Lebensverhältnisse verbessert. Ein Lokalaugenschein.
Ausgabe: 2013/51/52, Sternsingen, Nepal, Dolakha
17.12.2013
- Susanne Huber
Bergauf und bergab. Auf schmalen, steilen Pfaden und teils unwegsamem Gelände geht es zu Nanda Maya Yongans Haus. Mit einem herzlichen „Namasté“ wird man willkommen geheißen. So ist es in Nepal üblich.
Bienenzucht in Nepal
Der Duft von süßem Honig, von Wildkräutern und von farbenprächtigen Blumen mit gelben, orangen und violetten Blüten steigt in die Nase. „Die Gegend hier ist reich an gutem Futter für unsere Bienen“, sagt Nanda Maya. Vorsichtig und konzentriert zieht die Nepalesin einen Holzrahmen aus dem Bienenstock. Mit geschultem Auge prüft und kontrolliert sie die Waben des Bienenvolkes. Die kleinen Insekten sind bei der Arbeit, bauen emsig das aus sechseckigen Zellen bestehende Wabengebilde aus; lagern darin Honig und Pollen; ziehen dort ihren Nachwuchs auf. Vor zwei Jahren hat die Buddhistin mit der Imkerei begonnen. „Mit den Bienen hat sich unser Leben verändert“, sagt die 60-Jährige und schaut lächelnd zu ihrem Mann Marka Bahadur.
Ländliche Bergregion ist schwer zugänglich
Das Ehepaar Yongan lebt in Jhule, einem Dorf auf 1500 Metern im Distrikt Dolakha, sieben Autostunden von Kathmandu, der Hauptstadt Nepals, entfernt. Es gibt Gegenden, in denen das Leben schon allein durch die geografischen Bedingungen mühevoll ist. Dolakha ist so eine. Diese ländliche Bergregion ist nur schwer zugänglich. Um die steilen Hänge landwirtschaftlich nutzen zu können, sind sie terrassenförmig angelegt. Die Infrastruktur ist kaum ausgebaut; Bewässerungssysteme sind nicht ausreichend vorhanden. Hier leben vor allem Kleinbauernfamilien. Die Menschen sind arm. Auf ihren Feldern können sie gerade das anbauen, was sie zum Leben brauchen. Viele Männer gehen deshalb nach Kathmandu oder ins Ausland, um Geld zu verdienen. Migration ist hier ein großes Thema.
Nachhaltige Anbautechniken lernen
2010 kam es für die Bäuerinnen im Dolakha-Distrikt plötzlich zu großen Ver- änderungen. Die Organisation Rural Recon-struction Nepal (RRN), ein Projektpartner der Dreikönigsaktion, hat begonnen, mit konkreten Aktivitäten im landwirtschaftlichen Bereich die Lebenssituation vor allem der Frauen langfristig zu verbessern. Sie erlernen neue, nachhaltige Anbautechniken; sie haben Zugang zu hochwertigem Saatgut wie Ingwer, Chili, Tomaten, Kardamom oder Koriander und lernen, wie sie die Produkte auch vermarkten können; sie erfahren in Trainings, wie Schweine und Ziegen gehalten und Bienen gezüchtet werden; sie bilden Frauenselbsthilfegruppen, treffen sich und tauschen ihre Erfahrungen aus. Das hilft, stärkt, gibt Hoffnung, lässt den Blick nach vorne richten, verändert. Ermöglicht ein besseres Leben.
Mehr Geld durch ertragreichere Ernten
Spürbar wurden die Verbesserungen auch für Nanda Maya. Sie ist ebenfalls Mitglied einer Frauenselbsthilfegruppe. Angefangen hat sie ihre Imkerei zunächst mit zwei Bienenstöcken, finanziert von RRN. Mittlerweile konnte sie zehn weitere selber kaufen. 25 Kilo Honig ist der Ertrag des letzten Jahres. Pro Kilo bekommt sie 500 nepalesische Rupien, das sind umgerechnet 3,65 Euro. Ein kleiner Zuverdienst. Neben der Bienenzucht werden Tomaten, Ingwer, Chili, Mais und Hirse angebaut, zwei Kühe und ein paar Ziegen gehalten. Auch dabei wird Nanda Maya von RRN unterstützt. Die Planen zum Schutz für die Tomaten sind neu und auch der Stall für die Ziegen. Da die Ernten nun ertragreicher ausfallen, verkauft sie ihre Produkte auch auf dem Markt in der Nähe des Dorfes. Ihr Mann ist ihr bei der Arbeit eine große Stütze. Ihre drei erwachsenen Söhne, die in Kathmandu leben, helfen mit, wenn sie zu den Feiertagen nach Hause kommen.
Kastensystem spielt Rolle trotz des Verbots
Nepal mit seinen 30 Millionen Einwohnern ist ein Land der Hinduisten und Buddhisten, mit Tempeln und Stupas; ist ein Land am Himalaya mit 100 verschiedenen ethnischen Gruppen und Kulturen; ist ein Land der Trekking-Touristen und Sherpas; ist ein Land, in dem das Kastensystem trotz Verbots immer noch eine große Rolle spielt und die Dalits als Unberührbare gelten, als aus dem Kastenwesen Ausgeschlossene, als Unreine. Diskriminierungen, Verfolgungen und Gewalt an ihnen kommen nicht nur in Indien, sondern auch in Nepal immer wieder vor. In den Selbsthilfegruppen der Frauen in Dolakha versucht man, diese Ausgrenzung zu überwinden. Da lernen Buddhistinnen, Hinduistinnen und Dalits, gemeinsam für eine bessere Zukunft zu arbeiten. Nepal, ein Land etwa so groß wie Österreich und die Schweiz zusammen, ist geprägt von subtropischen Tälern und Sumpflandschaften im südlichen Terai, vom Mittelland bis 3000 Metern Höhe, aber auch von den Gletschern des Himalaya mit seinen gigantischen Bergen. Unter ihnen der Mount Everest, mit 8848 Metern der höchste der Welt.
Armes Land mit hoher Arbeitslosigkeit
Die Lage im Land ist politisch instabil. Nach Beendigung des zehnjährigen Bürgerkrieges (1996–2006) und der Abschaffung der hinduistischen Monarchie 2008 kommt die Wirtschaft in der parlamentarischen Republik Nepal nach wie vor nur schleppend in Gang. Die Arbeitslosigkeit ist hoch, Korruption ist weit verbreitet. Rund 40 Prozent der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze. Das durchschnittliche Monatseinkommen liegt bei 18 Euro. Nach den Wahlen im November 2013, bei der die sozialdemokratische Kongresspartei siegte, geht es nun darum, eine Verfassung auszuarbeiten. Die vorangegangene Übergangsregierung hatte das nicht geschafft und Nepal in eine politische Krise gestürzt.
Chefin der Bienen
Sorgfältig hängt Nanda Maya den Rahmen samt Waben und Bienen wieder in den Bienenstock. „Manchmal“, so die Nepalesin, „fürchte ich mich vor den Bienen. Wenn es Zeit ist, sie mit Zuckersirup zu füttern, bitte ich meinen Mann, das für mich zu erledigen.“ Marka Bahadur Yongan grinst. „Ich helfe meiner Frau, wo es nur geht. Aber Chefin der Bienen ist sie.“
zur Sache
60 Jahre Sternsingen
Die Dreikönigsaktion der Katholischen Jungschar feiert 60 Jahre Sternsingen. Im Winter 1954/1955 waren die ersten Sternsinger in Österreich unterwegs und sammelten Spenden für notleidende Menschen in Afrika, Asien und Latein- amerika. Seither beteiligten sich über vier Millionen Kinder und Jugendliche an der Aktion. Mit einem Festakt wurde am 6. Dezember im Wiener Weltmuseum der Einsatz der jährlich 85.000 Kinder und Jugendlichen gewürdigt. Unter den Ehrengästen waren Kardinal Christoph Schönborn, Staatssekretär Sebastian Kurz und Bundespräsident Heinz Fischer. Am 28. Dezember wird das Jubiläum in den Diözesen bei der Sternsinger-Sendungsfeier begangen.
Über 10.000 Hilfsprojekte wurden seit Beginn der Aktion mit rund 350 Millionen Euro unterstützt – mit dem Ziel, einen Beitrag für „eine Welt zu leisten, in der alle gut leben können“. Dass der Auftrag der Sternsinger auch nach 60 Jahren seine Aktualität nicht eingebüßt hat, zeigen die vielen Menschen, „die an Mangelernährung und schlechtem Trinkwasser, an fehlender Gesundheitsversorgung und Schulbildung, an den Folgen des Raubbaus an der Natur und an Missachtung ihrer Menschenrechte leiden“. Mit rund 500 Projekten pro Jahr wird versucht, das „konkrete Leben“ von Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika „zum Besseren zu wenden“. Pro Jahr kann so über einer Million Menschen in 20 Entwicklungsländern geholfen werden. Die Sternsinger sind jedes Jahr in nahezu 3000 österreichischen Pfarren unterwegs – jedes Sternsingerkind „ersingt“ dabei pro Einsatz etwa 180 Euro. 2013 ergab das ein Spendenaufkommen von über 15 Millionen Euro. www.sternsingen.at