Heini Staudinger schwimmt schon lange gegen den Strom: Seit den 90er-Jahren schafft er Arbeitsplätze im Waldviertel, wo andere Betriebe zusperr(t)en. Für ihn ist Geld längst nicht alles.
Wenn Heini Staudinger am 13. Jänner bei der Severin-Akademie in Linz über „Geld ist nicht alles“ referiert (Redoutensaal, 19 Uhr), tritt er als Robin Hood der Klein- und Mittelbetriebe (KMU) auf. Er kämpft darum, dass Selbstinitiative und Einander-Helfen selbstverständlich sind, vor allem wenn die Banken wegen Basel II und Basel III (Eigenkapital-Vorschriften) den KMUs Kredite versagen.
Staudinger hat Kredit bei Privaten
2012 drohte die Finanzmarktaufsicht (FMA) Staudinger eine Geldstrafe an, weil er für die Entwicklung der Waldviertler Schuhwerkstatt von Kunden und Freunden über ein privates Finanzierungsmodell drei Millionen Euro Kredit aufgenommen hatte. Für die Kredite sichert er vier Prozent Zinsen zu. Die FMA hält dies für ein Bankgeschäft ohne entsprechender Konzession. Über ein Gutschein-Modell finanziert Staudinger auch ein Sonnen-Energie-Projekt (Photovoltaik) und produ-ziert schon doppelt soviel Strom, als die Schuhwerkstatt mit 160 Beschäftigten braucht. Staudingers Weg, benötigtes Geld von privaten Geldgebern zu borgen, begann, als ihm 1999 eine Bank den Kreditrahmen ohne Erklärung kürzte. Dies obwohl seine Firma damals fünf Millionen Schilling Gewinn machte. So beschloss er, von Banken unabhängig zu werden. Sein Modell machte Furore – bei den Banken negative, bei Kunden und Freunden positive. Mittlerweile gibt es eine lange Warteliste von Menschen, die Staudingers Unternehmen Geld borgen wollen. Der Streit mit der FMA aber geht weiter: Die Höchstgerichte haben Staudingers Berufung gegen die FMA-Bescheide zurückgewiesen. Dieser kämpft weiter. Eine von ihm schon länger angedachte Lösung ist die Gründung einer Genossenschaft, um für das Crowdfunding (Schwarmfinanzierung = Geldleihe, bei der viele Personen meist stille Beteiligte sind) eine gesetzeskonforme Basis zu haben.
Geld ist nicht alles! – Geld findet sich in Staudingers Unternehmens-Leitbild nicht auf den ersten drei Positionen. Dort ist von Mut, Klugheit und Liebe die Rede. Diese Philosophie findet auch Ausdruck darin, dass sich Staudinger seit Jahren für Projekte in Afrika engagiert.
Zum Thema
Heini Staudinger. Der 1953 in Schwanenstadt geborene Heini Staudinger eröffnete 1980 – nach nicht abgeschlossenen universitären Studien in Wien – sein erstes Schuhgeschäft. Das Geld für den Einkauf der Start-Schuhe borgte er sich von Freunden. Diese Borge-Philosophie sollte beim Aufstieg der Waldviertler Schuhwerkstatt auch eine große Rolle spielen (siehe Artikel oben)
Die Waldviertler Schuhwerkstatt. 1984 wurde der Schremser Betrieb als Arbeitsmarktprojekt in Selbstverwaltung gegründet. Staudinger war zunächst deren Vertriebskunde. Vom Sozialministerium unter Minister Dallinger gab es für den neuen Berieb Arbeitsplatzförderung. Betriebsseelsorger Karl Immervoll, Religionslehrer für Schuhmacher-Berufsschüler in Schrems, weckte Staudingers Interesse an der Schuherzeugung in dieser Region. Als Immervoll ansprach, dass es im Waldviertel kaum mehr Schuhmacher-Lehrlinge gab, ließ Staudinger Taten folgen: Er wurde 1991 Miteigentümer der Schuhwerkstatt und ist seit 1994 deren Mehrheitseigentümer sowie Geschäftsführer. In den letzten Jahren erlebt der Betrieb mit den Schuhen einen Nachfrage-Boom: Im eben zu Ende gegangenen Jahr wurden 82.000 Paar (um 30 Prozent mehr als im Jahr davor) produziert.
Die GEA-Geschäfte. In Staudingers GEA-Geschäften in Österreich, Deutschland und der Schweiz wurden letztes Jahr 200.000 Paar Schuhe verkauft. GEA-Produkte sind neben den Schuhen auch Matratzen und Möbel, erzeugt in den GEA Möbelwerkstätten. Staudinger produziert und verkauft nicht nur Greifbares, sondern mit der GEA Akademie und dem Magazin „Brennstoff“ auch Begreifbares.
„Wir sind froh, dass es in unserem Betrieb einen gibt, der aufsteht und für den Betrieb kämpft.“ Eine der 140 Mitarbeiter/innen der Waldviertler Schuhwerkstatt über ihren Chef Heini Staudinger