Aus der Perspektive von Besucher/innen macht Stiftsbibliothekar Friedrich Buchmayr die Geschichte von St. Florian lebendig. Die Erlebnisse von Reisenden aus den Anfängen des Stiftes bis in die Jetztzeit eröffnen überraschende, oft auch kuriose Blicke auf das Barockjuwel und seine Bewohner.
Ausgabe: 2014/35, Wilbirg, Buchmayr, St. Florian
27.08.2014
- Josef Wallner
Nicht erst seit Bahn und Auto ihren Siegeszug angetreten haben, ist St. Florian Ziel für Ausflügler, Kunstinteressierte oder Gottesdienstbesucher. Das Stift St. Florian verdankt sogar seine erste schriftliche Erwähnung einem Besucher, einem unbekannten bayerischen Schreiber des 9. Jahrhunderts. Friedrich Buchmayr, der Bibliothekar des Stiftes, hat 13 Geschichten über Reisende gesammelt, die im Stift Halt gemacht haben. Die Zeitreise endet bei dem Literaten Claudio Magris. Auf Recherche für seinen Bestseller „Die Donau“ Anfang der 1980er Jahre macht er vom KZ Mauthausen kommend in St. Florian Station. Die grandiose Barockanlage verstört ihn, doch nach der Besichtigung der gotischen Meisterwerke Albrecht Altdorfers schreibt er: „Nicht die Baldachine der triumphierenden Kirche, sondern die blutigen, tragischen Himmel Altdorfers (...) lassen den lebenden Skeletten von Mauthausen Gerechtigkeit widerfahren.“ Kaum zu glauben, dass ein in untadeligem Ruf stehender Mönch des Stiftes Heiligenkreuz im 13. Jahrhundert der Jungfrau Wilbirg ein unmoralisches Angebot machte. Wilbirg lebte „eingemauert“ in einer Zelle neben der Stiftskirche und war eine geschätzte Ratgeberin. Der Skandal fand kein Happy End, ging aber doch gut aus. Nicht weniger spannend sind Buchmayrs Kapitel über Musiker, Literaten und Wissenschafter. Der ranghöchste Besucher des Stiftes war wohl ein Papst: 1782 gelang es – in einem Coup – Papst Pius VI. für eine Übernachtung nach St. Florian zu bekommen. Eine weitere Einladung zweihundert Jahre später an Papst Johannes Paul II. scheiterte an Sicherheitsfragen.