Seit mehr als zehn Jahren tritt der Kabarettist Markus Hirtler mit seiner Kunstfigur „Ermi-Oma“ auf und bringt ganze Säle zum Lachen. Wie in Österreich mit alten Menschen umgegangen wird, findet er trotzdem nicht witzig. Er spricht über nationalsozialistische Rollenbilder, Empathie und den gelebten Glauben.
Ausgabe: 2014/39, Hirtler, Ermi-Oma, Pflege
23.09.2014
- Christine Grüll
Gebückt steht die Ermi-Oma mit Kopftuch auf der Bühne und schimpft. „Tuat’s de oidn Leit’ ned für dumm verkaufen“, sagt sie mit erhobenem Zeigefinger. „De Schmäh, mit denen ihr hausieren geht’s, de kennen mir scho lang.“ Am Ende des Programms, wenn sich das Publikum noch die Lachtränen aus den Augen wischt, wird sich die Ermi-Oma die Perücke vom Kopf ziehen und als Markus Hirtler von der Bühne aus verabschieden.
Mit Humor die Perspektiven wechseln
„Mit Humor habe ich die Möglichkeit, die Perspektiven zu wechseln und von oben auf Probleme draufzuschauen“, sagt der Kabarettist Markus Hirtler bei einem Besuch in der KirchenZeitung. Der gebürtige Steirer arbeitete mehr als 20 Jahre lang als Diplomkrankenpfleger, Pflegedienst- und Heimleiter. Aus dem, was er damals niedergeschrieben hat, speist er seine Kabarettprogramme. Vieles hat ihn beeindruckt, wie jenes Gespräch mit einer betagten Heimbewohnerin. Sie war der Meinung, die Gesellschaft wäre besser dran, wenn behinderte und alte Menschen, „Hascher“ wie sie selbst, aus der Gesellschaft entfernt würden. Markus Hirtler verstand: Die Gesinnung der Nationalsozialisten ist in manchen, die sie als Kind eingetrichtert bekommen haben, noch präsent. „Ich habe den Schmerz dieser Generation gespürt. Sie glauben wegzugehören, wenn sie nicht mehr jung, dynamisch, erfolgreich und sexuell aktiv sind“, sagt Markus Hirtler. Überhaupt kann er nicht verstehen, dass Erwerbstätige einen höheren Stellenwert haben als jene, die in Pension sind. „Dann sind sie trotz ihrer Kompetenzen weg vom Fenster.“
Empathie heißt sich einfühlen
Die Ermi-Oma verbindet in ihrem Publikum Junge und Alte miteinander. Auf ihre direkte und pointierte Art will sie aber noch mehr – sie sollen einander verstehen. Oder wie Markus Hirtler es formuliert: Sie sollen Empathie füreinander empfinden. Wenn andere Menschen Meinungen oder einen Wortschatz haben, die einen unangenehm berühren, sollte man das nicht negativ bewerten. Besser wäre es, die anderen aus ihrer Welt heraus zu begreifen. „Wenn wir die Ebenen von Sympathie und Antipathie verlassen, dann entsteht Empathie“, ist Markus Hirtler überzeugt.
Pflegemängel nicht hinnehmen
Bei einem jedoch fehlt dem Sozialmanager jegliches Verständnis: Warum die Österreicher/innen Mängel im Pflegesystem hinnehmen und warum sie das Beste zwar haben wollen, aber nicht angemessen dafür bezahlen wollen. „Wir wollen einen Audi Q7, tiefergelegt mit Heckspoiler, sofort, aber es darf nichts kosten“, meint Markus Hirtler. Dabei sollte zuerst geklärt werden, welche Qualität der Betreuung gewünscht ist, was sie kostet und was Staat und Betroffene bereit sind zu zahlen. „Pflege und Betreuung sind ein Gradmesser dafür, wie weit eine Gesellschaft entwickelt ist.“
Persönliche Beziehung zu Gott
Und wie hält es der Sohn eines Pastors mit dem Glauben? Die persönliche Beziehung zu Christus ist in seiner Familie ein wesentliches Thema. Vor drei Jahren ist seine Frau nach schwerer Krebserkrankung gestorben. Gemeinsam mit ihr hat er intensiv erlebt, dass Glaube auch heißt zu vertrauen und loszulassen. Viele andere, die er als Pflegender begleitet hat, konnten das nicht. „Sie hatten sich nie die Fragen gestellt, woher komme ich und wo werde ich die Ewigkeit verbringen.“ Auch das hat Platz in den Geschichten der Ermi-Oma.
Termine & Karten: Dienstag, 18. 11., Kürnberghalle, Leonding Mittwoch, 19. 11. Steyr, Stadtsaal Donnerstag, 20. 11. Braunau, VAZ Freitag, 21. 11., Bad Aussee, Kurhaus Karten: www.ermi-oma.at und bei regionalen Anbietern