Mit Marina Silva könnte in Brasilien der politische Wandel kommen. Umfragen zufolge geht die Umweltschützerin nach der am Sonntag stattfindenden ersten Runde der Präsidentenwahl mit Amtsinhaberin Dilma Rousseff in die Stichwahl.
Ausgabe: 2014/40, Silva, Brasilien
30.09.2014
- Heinz Niederleitner
Es ist der vorläufige Höhepunkt einer Karriere, die nicht erwartbar war: Geboren am Amazonas in einer Familie von Kautschuksammlern lernte die heute 56-jährige gläubige Angehörige einer evangelikalen Kirche erst mit 16 Jahren in einer katholischen Schule Lesen und Schreiben. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie Malaria- und Hepatitis-Erkrankungen sowie eine Schwermetallvergiftung hinter sich. Früh engagierte sie sich an der Seite des 1988 ermordeten Chico Mendes für den Schutz des Amazonas.
Gegensatz zu Rousseff
Nach dem Ende der brasilianischen Militärdiktatur war die im sozialen Bereich links, in Fragen wie gleichgeschlechtlicher Partnerschaft konservativ eingestellte Aktivistin in die Partei der Arbeiter eingetreten. 2003 wurde sie Umweltministerin und saß mit Energieministerin Rousseff im Kabinett. Doch während sich Rousseff mit dem Konzept des Vorrangs wirtschaftlichen Wachstums auf Kosten der Umwelt durchsetzen konnte, warf Silva 2008 das Handtuch und ging zu den Grünen. Sie will Umweltschutz mit sozialen Fragen verknüpfen. Kritiker werfen ihr vor, sie könne keine Kompromisse schließen. Bei der Präsidentschaftswahl 2010 erreichte Silva respektable 19 Prozent. Ihre neue politische Bewegung „Rede Sustentabilidade“ wurde nicht anerkannt. Also trat sie für die Sozialistische Partei zunächst als Vizekandidatin zur Präsidentschaftswahl 2014 an. Als die Nummer 1, Eduardo Campos, bei einem Unfall starb, wurde Silva Präsidentschaftskandidatin. Neben ihrem Rhetorik-Talent kommt ihr die Enttäuschung über Rousseff zugute.