„Es soll an die Öffentlichkeit kommen, was in den Hinterhöfen unseres Landes geschieht“, sagt Sr. Maria Schlackl. Sie spricht von den rund 10.000 Frauen, die in Österreich oft gegen ihren Willen als Prostituierte leben – und niemand weiß, wie viele davon auch in Oberösterreich.
„Die wollen das selber, sie machen es freiwillig“, bekommt Sr. Maria Schlackl oft zu hören, wenn sie über Zwangsprostitution spricht. Es ist aber nicht so. Unter falschen Versprechungen wurden viele Frauen auch nach Oberösterreich gelockt und zur Prostitution gezwungen. Der Weg heraus ist für sie extrem schwierig. In Wien setzt sich schon seit 2010 eine Gruppe von Ordensfrauen gegen Frauenhandel ein. Im März 2013 haben sie aus der internationalen Bewegung von SOLWODI* heraus einen eigenständigen österreichischen Verein gegründet. Dieser setzt sich besonders für Frauen, die Opfer von Menschenhandel, sexueller Gewalt und Ausbeutung geworden sind, ein. Eine anonyme Schutzwohnung wurde eingerichtet. Die Frauen sollen hier psychologische und rechtliche Hilfe finden. Sr. Maria Schlackl stammt aus Waizenkirchen und ist im September 2013 nach Oberösterreich zurückgekehrt. Jetzt baut sie hier die Initiative „Aktiv gegen Menschenhandel“ auf. Am 23. Oktober gibt es dazu eine öffentliche Startveranstaltung. Unter dem Titel „Der Mensch: Im Handel erhältlich“ wird über dieses Engagement der Salvatorianerinnen umfassend informiert. Das Ziel: Ein „Netz“ für betroffene Frauen soll geschaffen werden. Hier sollen sie Hilfe finden, wenn sie unter dieses traurige Kapitel ihres Lebens den „Schluss-Strich“ ziehen möchten. Seit Monaten schon ist Sr. Maria Schlackl unterwegs, wurde vorstellig bei Polizei und Caritas, bei Politikerinnen und Politikern, findet auch Mitstreiter/innen etwa in der Katholischen Frauenbewegung. Viele sind froh, dass endlich jemand die Initiative ergreift.
Wer Zwangsprostituierten helfen will, braucht Erfahrung. „Man kann diese Frauen nicht einfach in eine Einrichtung schicken“, weiß Schlackl – die Verstrickungen sind zu groß. Diese Frauen haben oft keine Papiere, dazu wird auf vielfältige Weise starker Druck auf sie ausgeübt. Nach der öffentlichen Veranstaltung am 23. Oktober soll eine Projektgruppe die weiteren Schritte planen.
Der Mensch: im Handel erhältlich. Do., 23. Oktober, 18.30 bis 21 Uhr: Kulturzentrum Ursulinenhof Linz. Anmeldung bis 14. Oktober: maria.schlackl@salvatorianerinnen.at, Tel. 0664/936 95 12.
* „SOLWODI“ steht für „SOLidarity with WOmen in DIstress“ = Solidarität mit Frauen in Not.
Fragen an Sr. Maria Schlackl
Das geht Männer an
Eine Ordensfrau engagiert sich für Opfer des Menschenhandels, also vor allem für Prostituierte. Warum? Sr. Maria Schlackl: Wir Salvatorianerinnen wollen uns besonders um die Frauen annehmen, die Gewalterfahrungen gemacht haben. Für mich ist es unerträglich, dass im 21. Jahrhundert das alles geschieht. Von politischer Seite erwarte ich entschiedeneres Vorgehen gegen die Kriminalität des Menschenhandels. Nichts zu tun würde ich nicht verantworten können, daher ist mir jede Initiative in diesem Bereich wichtig.
Wieweit hat es mit Glauben zu tun? Als Maria, als Ordensfrau fühle ich mich von Jesus angesprochen. Seine Haltung ist ein Auftrag. Wir dürfen nicht nur fromm reden. Das Evangelium hat Hand und Fuß. Seit Jänner gehe ich für diese verwundeten Frauen durch Linz.
Wie wollen Sie das machen? Wir wollen unter anderem hinausgehen aus den kirchlichen Räumen und gesellschaftspolitisch wirksam werden. Wo Prostitution unter Zwang geschieht, ist das ein Skandal. Wären Frauen und Mädchen nicht auf diese Weise so begehrt, könnte sich Frauenhandel nicht zum Geschäft entwickeln. Was ist also mit den Männern in dieser Frage? Das ist ein Männerproblem.
Welche Reaktionen erleben Sie? Positive: Viele sagen, es ist gut, dass ihr das tut.