„Der Papst liest EU die Leviten“ lautete eine Schlagzeile nach der Rede von Papst Franziskus vor dem Europaparlament am 25. November. Die beiden oberösterreichischen EU-Abgeordneten Josef Weidenholzer und Paul Rübig schätzen den Papst-Auftritt etwa gleich ein: faszinierend, berührend!
Den ÖVP-Abgeordneten Paul Rübig faszinierte besonders das ehrliche und glaubhafte Bemühen des Papstes, „unsere gemeinsame Welt schrittweise ein Stück besser zu gestalten. Das verleiht ihm auch diese ganz besondere Ausstrahlung, die Menschen über Religions- und Landesgrenzen hinweg beeindruckte.“
Faszinierend
„Es war faszinierend“, so auch der SPÖ-Parlamentarier Josef Weidenholzer, „den Papst in der ungewohnten Umgebung zu erleben. Es war ein starker Eindruck, als er zunächst im Präsidium oben saß und dann zur Rede heruntergekommen ist.“
Mahnungen
Die ersten Schilderungen beider Parlamentarier gelten dem Wie. – Wie der Papst gewirkt hat. – In gleicher Weise positiv erweitern sie diese Einschätzung mit Blick auf die Inhalte seiner Rede (siehe ein paar Auszüge u. a.). Im Gedächtnis geblieben sind Weidenholzer besonders die päpstliche Kritik am Konsumismus und Kapitalismus, die Mahnung zum Umgang mit den Flüchtlingen und die Anmerkung, dass Europa alt und müde geworden ist. Rübig betont den Aufruf des Papstes, die gemeinsamen Werte wieder stärker mit Leben zu füllen. Diese Mahnung habe auch eine Entsprechung in seiner persönlichen Erfahrung: „Wir verlieren uns viel zu oft in bürokratischen Verwaltungsabläufen und verlieren dadurch manchmal den Blick auf das Wesentliche.“
Würde
Der Papst hat wohlbedacht gesprochen, merkt Weidenholzer an und weist auf eine Wirkung dieser wohlbedachten Worte hin, zum Beispiel zu Europas Umgang mit den Flüchtlingen: Im Innenausschuss des EU-Parlaments, als über die Flüchtlinge gesprochen wurde, kam mehrmals der Hinweis: „Wie der Papst schon gesagt hat!“ Und der Papst hat vor den etwa 750 EU-Abgeordneten viel gesagt. Die Rede umfasst neun Manuskriptseiten. Er brachte Themen wie die christlichen Wurzeln Europas zur Sprache, die Menschenrechte, die Würde der Person, Erziehung und Familie, Arbeit und Arbeitslosigkeit sowie Ökologie. Das mehrmalige Sprechen von der Person – und nicht nur von Bürgerinnen und Bürgern – ist Weidenholzer besonders in Erinnerung geblieben.
Zitate
Der Papst im Europa-Parlament
Bürokratie. „... gewinnt man den Gesamteindruck der Müdigkeit und der Alterung, die Impression eines Europas, das Großmutter und nicht mehr fruchtbar und lebendig ist. Demnach scheinen die großen Ideale, die Europa inspiriert haben, ihre Anziehungskraft verloren zu haben zugunsten von bürokratischen Verwaltungsapparaten seiner Institutionen.“ EU-Parlamentarier. „Sie sind in Ihrer Berufung als Parlamentarier auch zu einer großen Aufgabe ausersehen, die vielleicht unnütz erscheinen mag: sich der Gebrechlichkeit der Völker und der einzelnen Menschen anzunehmen.“ Zukunft Europas. „Die Zukunft Europas hängt von der Wiederentdeckung der lebendigen und untrennbaren Verknüpfung dieser beiden Elemente ab (die Öffnung zum Transzendenten und die praktische Problemlösung).“
Ansprache von Papst Franziskus an den Europarat