Ihre Funktion als öffentliche Uhren haben die Glocken heute verloren und dennoch wollen viele Menschen auf das Geläute und Schlagwerk nicht verzichten. Für sie ist der Klang der Glocken ein Hinweis auf eine „andere Welt“.
Ausgabe: 2015/31, Glocke, Klang, Winkler,
28.07.2015
- Josef Wallner, Paul Stütz
Der KiZ-Leser Franz Winkler sen. hat an die Redaktion einen Text des russischen Schriftstellers Alexander Solschenizyn geschickt, der thematisiert, was Glocken in Menschen zum Schwingen bringen: „Schon immer waren die Menschen auch selbstsüchtig und sorglos. Aber wenn das Abendläuten erklang, schwebte es über den Dächern, über den Feldern, über dem Wald. Es mahnte, unbedeutende irdische Dinge abzulegen, Zeit und Gedanken der Ewigkeit zu widmen. Dieses Läuten bewahrte die Menschen davor, zu vierbeinigen Kreaturen zu werden. In diese Steine, in diese Glockentürme legten unsere Ahnen ihr Bestes, die ganze Erkenntnis eines Lebens.“
Einzigartige Kataloge
Gegen Ende des 19 Jahrhunderts begann man sich intensiv mit den Glocken zu beschäftigen. Die Glocken der einzelnen Pfarren wurden inventarisiert und beschrieben. Da viele Glocken im Zuge des Ersten Weltkriegs abgeliefert werden mussten und zu Kanonen umgearbeitet wurden, sind diese Bücher von einzigartigem historischem Wert und werden entsprechend teuer gehandelt. Diese Veröffentlichungen bezeichnen die Glocken als „Vox Domini“, als „Stimme des Herrn“, von der es in Psalm 28 heißt: „Des Herren Stimme ruft mit Macht, die Stimme Gottes schallt in Pracht.“
Zur Sache
Keine Klagen gegen Glocken möglich
Viele Menschen verbinden mit Kirchenglocken ein heimeliges Gefühl. Doch manche Menschen stören sich an diesem Klang. Meistens ist nicht das (religiöse) Geläute, sondern der Glockenschlag, der die Uhrzeit verkündet, Stein des Anstoßes. In Bayern gibt es etwa besonders viele Klagen von Anrainern gegen zu laute Glocken und in Oberösterreich läuft gerade das Verfahren gegen die Linzer Domglocken.
Der Blick in ein anderes Nachbarland lässt Glockenreferent Siegfried Adlberger jedoch für die Diözese Linz hoffen, wie er im Gespräch mit der KirchenZeitung verrät. In Südtirol hat der Landtag Ende 2012 ein Lärmgesetz verabschiedet, das verschiedene Quellen auflistet, für welche der Lärmgrenzwert nicht gilt. Darunter fallen neben Ladetätigkeiten und Müllabfuhr in Südtirol eben auch die Glocken. Glockenexperte Adlberger wünscht sich, dass eine ähnliche Regelung auch in Oberösterreich kommt. Damit wären Klagen gegen zu laute Glocken nicht mehr möglich.