Das Glockenläuten hat heuer die kleine Gemeinde St. Georgen am Fillmannsbach intensiv beschäftigt. Dabei ging es nicht um weniger Läuten – sondern um mehr.
Ausgabe: 2015/33, St. Georgen, Glocke, Serie
11.08.2015
- Christine Grüll/ Josef Wallner
Seit 22 Jahren läutet Johanna Dicker eigenhändig die beiden Glocken, die seit dem Jahr 1515 in der Pfarrkirche von St. Georgen am Fillmannsbach hängen. „Ohne Glocken würde mir etwas fehlen. Sie gehören zum Dorf und zur Kirche dazu“, sagt die Pfarrgemeinderats-Obfrau mit Überzeugung. Die dritte Glocke im Geläute fehlt, seitdem sie im Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen wurde. Zum 500-Jahr-Jubiläum der beiden alten Glocken kommt nun eine neue dazu. Dafür haben sich 75 % der knapp 400 Menschen im Ort in einer Befragung ausgesprochen. „Und da wussten die Leute noch gar nicht, dass wir wegen einiger Sponsoren die Glocke nicht selbst bezahlen müssen“, freut sich Johanna Dicker. Weil das händische Läuten zeitaufwändig ist, wird in der Pfarrkirche St. Georg nur zu Gottesdiensten und Begräbnissen geläutet. Die Glocke, die am 11. September in Innsbruck gegossen und den vier Evangelisten geweiht wird, wird elektrisch in Bewegung gesetzt. Dann soll täglich das Zwölfeläuten und das abendliche Gebetsläuten zu hören sein. Über das zusätzliche Klingen wurde nicht viel diskutiert – weil sich Pfarrgemeinderat und Bevölkerung ohnehin einig waren.
Zur Sache
Wegen der Glocken ins KZ
Richard Frasl war in der Zwischenkriegszeit ein sehr geschätzter Pfarrer in der Waldviertler Stadt Groß-Siegharts – auch wegen seines Einsatzes für die Arbeitslosen. Konflikte mit den Nationalsozialisten waren damit abzusehen. Und so kam es auch: Beim Begräbnis der aus der Kirche ausgetretenen Ehefrau des nationalsozialistisch gesinnten Gemeinderarztes weigerte er sich, die Kirchenglocken zu läuten. Er verwies auf die strikte Weisung der Bischöfe. Das nützte ihm nichts. Frasl wurde verhaftet und nach einigem Hin und Her im Februar 1943 ins KZ Dachau gebracht. Dort meldete er sich schließlich freiwillig zur Pflege der Typhuskranken. Zwei Wochen vor der Befreiung des Lagers verstarb er – selbst infiziert – in einer Typhusbaracke.