Über 10 Millionen Schilling aus Spendengeldern für Straßenmaut
Ausgabe: 1998/46, Brenner, Straßenmaut
10.11.1998 - Walter Achleitner
Hilfslieferungen auf Österreichs Autobahnen waren bisher mautfrei, doch seit Juli wird ausnahmslos kassiert: Die Maßnahme soll mehr als 10 Millionen Schilling für die Straßenfinanzierung erbringen – aus Spendengeldern.Was auf Italiens Autobahnen problemlos funktioniert, ist in Österreich zum bürokratischen Hindernis geworden: Die Mautbefreiung für humanitäre Hilfe. Um das Problem zu lösen, wurde diese auf heimischen Autobahnen generell gestrichen. Seit Ende Juni wird nun jedes Fahrzeug zur Kasse gebeten, das Hilfsgüter über ein mautpflichtiges Teilstück der Autobahnen oder Schnellstraßen liefert. Nach wie vor ausgenommen sind, aufgrund eines Vertrages mit der NATO, Fahrzeuge der SFOR-Truppen in Ex-Jugoslawien. Die „Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-AG“ (ASFINAG) erwartet sich Mehreinnahmen von 10 Millionen Schilling im Jahr. Die gesamten Mauteinnahmen beliefen sich 1997 auf 3,1 Mrd. Schilling. „Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit gelten seit der Ausgliederung der ASFINAG aus dem Bundesbudget als unternehmerische Ziele“, sagt Dr. Klaus Schierhackl von der ASFINAG. Der Leiter der Abteilung Maut nennt zwei Gründe für den Schritt seiner Gesellschaft: administrativer Mehraufwand für die Freistellungen und die unzumutbare Belastung für das Personal in den Mautstellen. Mehrkosten für CaritasDas Aus für die freie Fahrt von Hilfsgütern in Österreich trifft besonders bei internationalen Hilfsorganisationen auf Unverständnis. „Ein starkes Stück“, heißt es beispielsweise in der Zentrale des „Arbeiter-Samariter-Bundes“ in Köln. Aber auch heimische Hilfsorganisationen müssen durch die neue Regelung für ihre Transporte tiefer in den Spendentopf greifen. Beispiel Caritas Vorarlberg: Jeder Lkw aus Feldkirch nach Albanien kostet nun rund 2800 Schilling mehr. Leo Winkler, der für die Caritas Feldkirch jährlich rund 500 Tonnen Hilfsgüter nach Osteuropa und Albanien transportiert: „Bei der Mautbefreiung wurden wir schon seit langem schikaniert. Nun kam das endgültige Aus.“ Seit über einem Jahr habe es die Verwaltung der zuständigen Gesellschaft nicht geschafft, die schriftlichen Ansuchen auf Befreiung von der Maut beim Arlbergtunnel und der Brennerautobahn zu beantworten. Und Monate im voraus lassen sich Hilfslieferungen nicht planen.„Die Verwaltung wird nur vorgeschoben. In Wahrheit gab es keine Einnahmen“, bringt Winkler das Problem auf den Punkt. Und der Spediteur erzählt, wie problemlos die Mautbefreiung in Italien erfolgt: „Wird die Ladung in den internationalen Zollpapieren als Hilfslieferung deklariert, fahre ich kostenlos.“ Ersparnis auf der Strecke von Bozen nach Bari: 1000 Schilling. Um dem Arlbergtunnel (Maut 400 Schilling) zu entgehen, fahren alle Hilfstransporte aus dem Ländle nach Osteuropa nun über München – der Umweg ist billiger. Bei Fahrten nach Albanien kommt Winkler aber der teuren Nachtmaut (2400 Schilling) über den Brenner nicht aus. Klaus Schierhackl von der ASFINAG meint, Hilfslieferungen müßten nicht in der Nacht die Brennerroute benutzen. Spediteur Winkler hält dem entgegen: „Die Fähre nach Albanien am Samstag abend erreiche ich nur, wenn ich am Freitag in der Nacht über den Brenner fahre.“Schande für ÖsterreichZuletzt hätten immer mehr Kleintransporte von Schulen, Pfarren und Vereinen von der Befreiung Gebrauch gemacht und damit besonders die Mitarbeiter in den Mautstellen vor schwere Gewissensfragen gestellt. Schierhackl: „Wenn jemand einen Kofferraum voller Altkleider hatte, mußte der Mautner entscheiden, ob das Fahrzeug nun befreit wird.“ Dem Organisator zahlloser Hilfslieferungen nach Ex-Jugoslawien, Alois Neubauer aus Hörsching, wurde die Mautbefreiung schon vor Jahren entzogen: „Ich wollte mir damals keinen Krieg anfangen. Daß nun auch große Organisationen zahlen müssen, finde ich eine Schande, gerade wenn dringende Hilfe für den Kosovo durch Österreich rollt.“