Wort zum Sonntag
Kardinal Robert Prevost hat sich für einen klassischen Papstnamen entschieden: Leo. Mit diesem Namen tritt er in eine traditionsreiche Reihe ein - insgesamt 13 Päpste haben ihn vor ihm getragen. Der letzte war Leo XIII. (1878-1903), und es ist davon auszugehen, dass sich der neue Papst Leo XIV. an dessen Wirken orientieren möchte.
Der Augsburger Historiker und Priester Jörg Ernesti, Autor einer Biografie über Leo XIII., würdigt ihn als Staatsmann und Papst. Unter seinem Pontifikat wurden zentrale Grundlagen für die moderne vatikanische Außenpolitik gelegt. Zudem positionierte sich der Vatikan erstmals als humanitärer Akteur in Kriegs- und Krisenzeiten.
Ein Meilenstein war die Enzyklika Rerum novarum (1891), mit der Leo XIII. als erster Papst die soziale Frage thematisierte. Er forderte gerechte Löhne und menschenwürdige Arbeitsbedingungen für Arbeiter - ein revolutionärer Schritt zur Etablierung der katholischen Soziallehre.
Auch bei den Wissenschaften war Leo XIII. wegweisend: Er öffnete die Vatikanischen Archive für Forscher und zeigte damit ein außergewöhnliches Vertrauen in die moderne Wissenschaft. Ursprünglich als Übergangspapst gewählt, blieb Leo XIII. ganze 25 Jahre im Amt - ein Rekord für seine Zeit. Er war zudem der erste Medienpapst: Er gab ein Zeitungsinterview und ließ sich filmisch dokumentieren, was ihn zu einem Pionier kirchlicher Medienpräsenz machte.
Auch Leo IX. (1049-1054) gilt als bedeutender Reformpapst. Er bereiste Europa, um die Kurie und die Gläubigen zu erneuern - und gilt als erster Reisepapst.
Von großer Bedeutung ist Leo I., auch Leo der Große genannt (440-461). Er verteidigte Rom mutig gegen äußere Feinde: 452 stellte er sich dem Hunnenkönig Attila entgegen, 455 den Vandalen. Zudem war er ein brillanter Theologe - einer von nur zwei Päpsten, die den Titel "der Große" tragen (neben Gregor I.).
Wen der neue Papst wohl nicht als Vorbild sieht: Leo X. (1513-1521). Der aus dem Hause Medici stammende Papst lebte im Prunk und unterschätzte den Reformbedarf der Kirche - vor allem die Gefahr, die von einem gewissen Martin Luther ausging.
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