Bei Seelsorgeamtsleiter Eugen Runggaldier laufen die Fäden der Diözesansynode von Bozen-Brixen zusammen. Er erklärt im Gespräch mit der KiZ und am 25. September 2015 in Linz, wie die Synode arbeitet und warum ihn persönlich dieser Erneuerungsweg für die Südtiroler Kirche sehr ermutigt.
Warum hat Bischof Ivo Muser eine Synode einberufen? Eugen Runggaldier: Einen synodalen Prozess zu beginnen, lag bei uns in der Diözese seit Jahren in der Luft. Bischof Ivo hat bald nach seiner Weihe im Jahr 2011 entschieden, eine Synode einzuberufen. Der Grund dafür liegt – so glaube ich – auf der Hand: Wir merken, dass sich die Menschen und deren Lebenswelt rasant verändern, und wir machen in der Pastoral weiter, als ob wir uns noch immer in der blühenden Volkskirche der 1960er und 1970er Jahre befinden würden.
Bischof Ivo Muser hat zu Silvester 2012 die Diözesansynode angekündigt und für 30. November 2013 einberufen. Wie ging‘s dann los? Runggaldier: Wir haben die Synode auf die drei Schritte „Sehen – Urteilen – Handeln“ aufgebaut. Uns war und ist es wichtig, die Bevölkerung in allen drei Schritten aktiv einzubinden. So hat der Bischof schon vor der Eröffnung der Synode den Aufruf gemacht, Themenvorschläge für die Synode zu machen. Nach der Eröffnung der Synode haben wir an zwölf Orten offene Veranstaltungen angeboten. Interessierte konnten weitere Vorschläge einbringen, was sich in unserer Ortskirche ändern sollte. Das Echo war überwältigend. Wir hatten immer volle Säle. An die 3.000 Leute, darunter 200 Kinder, sind gekommen. Diese Phase gehört für mich bereits zu den Highlights der Synode. Warum sind die Leute so aufgesprungen? Runggaldier: Zwei Prinzipien sind uns bei der Synode ganz wichtig: Beteiligung der Menschen und Offenheit, also Partizipation und Transparenz. Das wird von den Leuten honoriert. Wir haben immer alles auf die Homepage gestellt. Bei manchen Protokollen hätten sich Glaubenswächter sicher die Haare gerauft. Es ging uns darum, einen offenen Prozess in Gang zu bringen und zu halten. Dafür sind Ehrlichkeit in den Diskussionen und Offenheit genauso wichtig wie die Zuversicht, dass Gottes Geist durch die vielen Menschen, die sich einbringen, wirkt. Das macht eine lebendige Kirche aus.
In welcher Phase steht die Diözesansynode jetzt? Runggaldier: Anfang April 2014 haben wir bei einer Vollversammlung aus der Fülle der Vorschläge elf Themen erarbeitet und dazu Kommissionen gebildet. Dabei geht es u.a. um folgende Fragen: Wie heute Liturgie feiern, wie Ehe und Familie leben oder die Nächstenliebe praktich werden lassen und zwar alles konkret im Blick auf unsere Diözese Bozen-Brixen, hier in Südtirol. Die vollständige Liste der Themen findet sich auf der Homepage der Synode. Die Themen wurden und werden im Sinne des Mottos der Synode bearbeitet: „Auf Dein Wort hin… mit Freude und Hoffnung.“ Es gibt noch eine zwölfte Kommission, die sich mit überdiözesanen Themen beschäftigt. Die elf Kommissionen haben Anfang Februar 2015 ihre Beratungen in Visionspapieren vorgestellt, die nach intensiver Diskussion beschlossen und veröffentlicht wurden. Jetzt werden zu den Visionspapieren Maßnahmen erarbeitet. Im Oktober und im November finden an zwei Wochenenden nochmals Vollversammlungen statt, bei denen auch die Maßnahmen beschlossen werden. Am 5. Dezember ist nochmals eine Vollversammlung und am 8. Dezember 2015 Abschluss der Synode mit einem festlichen Gottesdienst. So eine Synode ist ja ein Riesen-Aufwand für die Delegierten ... Runggaldier: Ja, das muss man ehrlich sagen. Man spürt jetzt schon – verständlicherweise – eine gewisse Müdigkeit. Denn das Ringen um Positionen ist eine Mühe und zehrt an den Kräften. Trotz aller Freude am Arbeiten, jetzt ist es gut, dass ein Ende in Sicht ist.
Wenn ich ein Visionspapier herausgreife, etwa „Kirche gestalten und strukturieren“ – was ist da wichtig? Runggaldier: Die Synode bekennt sich zum Erhalt der Pfarren. Das hat in der Bevölkerung ein großes und gutes Echo gefunden. In Zukunft werden wir aber verstärkt Laien an der Leitung von Pfarren beteiligen. Das ist bei uns – im Unterschied zu Ihnen in Linz – bislang noch die Ausnahme. Wenn man dieses Visionspapier zur Struktur der Kirche liest, merkt man, dass Sie sehr an die Grenzen des Kirchenrechts gehen ... Runggaldier: Das hält das Recht aus. Die Synode respektiert selbstverständlich das Kirchenrecht, hat aber auch die Pflicht – um ein Wort der Kirchenrechtlerin Sabine Demel aufzugreifen – nach dem besseren Recht zu fragen.
Das ist wohl die Brücke zur „Kommission zwölf“, die sich mit überdiözesanen Fragen beschäftigt, die nicht in die Kompetenz eines Diözesanbischofs und damit einer Synode fallen ... Runggaldier: Die waren von Anfang an präsent, wie zum Beispiel der Zölibat, die Krankensalbung durch Laien, wiederverheiratete Geschiedene oder das Frauenpriestertum. Was werden Sie mit diesem Papier der „Kommission zwölf“ machen, das als einziges noch nicht veröffentlicht ist. Runggaldier: Es ist fertig und wird demnächst veröffentlicht. Wir müssen uns aber noch klar werden, wie wir den eigenen Charakter dieses Textes betonen. Es ist kein Visionspapier und es enthält auch keine Maßnahmen. Es ist vielmehr das Ergebnis eines Nachdenkprozesses, bei dem verschiedenste Argumente für oder wider vorgebracht und diskutiert wurden. Diesen Nachdenkprozess gilt es fortzusetzen und sich dabei auch mit anderen Diözesen zu vernetzen.
Als Moderator leben Sie seit Jahren mit und in der Synode. Was bedeutet die Synode für Sie persönlich? Runggaldier: Ich erlebe bei den Leuten soviel Bereitschaft, sich für das Evangelium und den Glauben einzusetzen. Da ist ein gesunder und kräftiger Kern von Kirche, auf den man bauen kann. Das tut mir sehr gut. Die Synode gehört für mich zu den ganz schönen Erfahrungen als Priester.
Symposium zur Linzer Diözesangeschichte
Unter dem Titel „Blick zurück nach vorn“ beschäftigt sich das heurige Diözesangeschichts-Symposium mit der Linzer Diözesansynode, deren Umsetzung in den kirchlichen Alltag und allgemein mit der Bedeutung von Synoden. - Der Seelsorgeamtsleiter von Bozen-Brixen, Eugen Runggaldier, berichtet über die aktuell-stattfindende Synode in Südtirol. (Mehr unter www.bz-bx.net) - Univ.-Ass. Dr. Roland Cerny-Werner (Salzburg) referiert über „Des Volkes Meinung – Die Linzer Diözesansynode 1970–72 als gesellschaftliches Großereignis?“ - DDr. Helmut Wagner (Linz) bittet ehemalige Linzer Synodenteilnehmer zum Gespräch.
- 25. September 2015 von 15.30 bis 19 Uhr an der Katholischen Privatuniversität Linz, Bethlehemstraße 20. Eintritt frei!
Anmeldung erbeten: Verein für Linzer Diözesangeschichte / Diözesanarchiv Linz, Harrachstraße 7, 4020 Linz. Email: dioezesangeschichte@dioezese-linz.at oder Tel. 0732/77 12 05-86 08.