Zuerst war es ein Einkaufszentrum in Niederösterreich, dem ausgerechnet ein VP-Landeshauptmann erlaubte, am Sonntag aufzusperren. Sein Vorarlberger Parteifreund erlaubte bald darauf kleinen Lebensmittelhändlern und Bäckereien das Sonntagsgeschäft. Daß die meisten davon nicht Gebrauch machen, ist nicht nur eine rechnerische Überlegung, sondern – Gott sei Dank – auch noch eine Gesinnungsfrage. Bei beiden Ausnahmeregelungen war es – zumindest auf dem Papier – nur Familienangehörigen der Geschäftsbetreiber gestattet, am Sonntag hinter dem Ladentisch zu stehen. Anders ist das in Tirol. Dort hat die Billa-Kette begonnen, die Sonntagsruhe zu durchbrechen – und damit trifft es abhängige Angestellte, vorwiegend Frauen. Die Basis dafür bietet eine unsauber formulierte Verordnung aus dem Jahr 1997. Sie erlaubt, in Fremdenverkehrsorten (zwei Drittel der Gemeinden) auch am Sonntag „Güter des täglichen Bedarfs“ zu verkaufen. Was für Souvenirs und Reiseproviant gedacht war, legt Billa nun für einen „Probelauf“ für die Sonntagsöffnung aus. Und der Landeshauptmann sieht keinen Handlungsbedarf. Gemeinsam mit den Spitzen der anderen Landtagsparteien hat er vor gut einem Jahr die „Allianz für den Sonntag“ unterschrieben. Auf die Aufforderung des Generalvikars, jetzt sein Versprechen einzulösen, wo mit dem Öffnen der Billa-Läden in Tirol die „bisher dickste Scheibe im Versuch, den arbeitsfreien Sonntag mittels Salamitaktik abzuschaffen, geschnitten worden ist“, verhallte bislang ungehört. Das Beispiel zeigt: Es ist höchste Zeit, den Sonntag mit einem Volksbegehren zu schützen.