Die ganze Nacht und den folgenden Tag verbrachte P. Alberich Enöckl bei den Angehörigen der Verschütteten von Wilhelmsburg.
„Ich war gerade beim Elternsprechtag in der Schule, als von überallher die Folgetonhörner zu hören waren. Als wir dann erfuhren, was geschehen war, bin ich sofort zum Schauplatz gegangen und dann weiter in die Sporthalle, wo die Evakuierten und die Angehörigen der Verschütteten hingebracht worden waren“, erzählt der Wilhelmsburger Pfarrer P. Alberich Enöckl. Noch auf dem Platz vor dem Trümmerhaufen habe ihn eine Frau verzweifelt und anklagend gefragt: Wo ist denn da der liebe Gott? Eine Frage, die er in den folgenden 24 Stunden noch oft aus den Gesichtern der Menschen lesen musste. Eine Frage, auf die er keine Antwort geben konnte, gesteht der Zisterzienserpater aus Lilienfeld. „Die Leute brauchen da einen Menschen, der für sie da ist, der ihnen zuhört, mit ihnen schweigt und zittert, bei dem sie sich auch anlehnen können – und keine frommen Sprüche.“ Das Schwerste für ihn war, wenn man wieder jemanden tot aus den Trümmern geborgen hatte und er dann zu dem jungen Mann mit den zwei kleinen Kindern sagen musste: „Deine Frau ist tot.“ Oder als er den Angehörigen des geretteten Mädchens, einer befreundeten Familie, die Hiobsbotschaft überbringen musste, dass die Mutter und die Schwiegereltern umgekommen sind.
Wilhelmsburg und die alte Industrieregion Traisental sind seit Jahrzehnten ein hartes Pflaster für die Kirche, aber „wie die Leute zusammengeholfen haben, das ist echte Nächstenliebe“, ist Pater Alberich stolz.
„Mitten im Leid habe ich viel Dankbarkeit der Leute gespürt, dass ich einfach da war. Und ein Ausgetretener sagte mir: So habe ich die Kirche bisher nie kennen gelernt. Da möchte ich wieder dazugehören.“Pater Alberich Enöckl OCist