In der EU hat das zweitärmste Land am 1. Jänner die Präsidentschaft übernommen.
Der Optimismus der Portugiesen blieb auch vom „magischen“ Datumswechsel unbeeindruckt; noch nie ist es den 9,9 Millionen Bewohnern des Südwesten Europas so gut gegangen wie heute. Denn das zweitärmste EU-Mitglied erlebt in den letzten Jahren einen Modernisierungsschub, den es nicht nur Brüssel, sondern auch seinem Regierungschef António Guterres verdankt: am 10. Oktober verfehlte seine sozialistische Partei (PS) nur knapp die absolute Mehrheit; und seither liegt Portugal nicht mehr nur auf der Landkarte ganz links außen. Dabei gilt der Präsident der Sozialistischen Internationale als untypischer Sozialist. Denn in der seit Jahren geführten Abtreibungsdebatte hatte sich der 50-jährige Witwer und Vater zweier Kinder als Katholik nicht gescheut , offen gegen die Pro-Abtreibungs-Linie seiner Partei aufzutreten. Ungern hört er in diesem Zusammenhang den Spitznamen „Santo António“ (hl. Antonius). Seine kirchlichen Wurzeln gründen in den Studienjahren, als sich der aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammende Lissaboner in der Katholischen Hochschuljugend engagierte.
Neben der Ankündigung, die EU als Sozialunion auszubauen, wird die einstige Kolonialmacht auch die Außenpolitik akzentuieren. Osttimor wird unabhängig: dass die Halbinsel mit Lissabon eine mitfühlende Fürsprecherin hat, bewies der Regierungschef in seiner jüngsten Weihnachtsansprache. Aber auch der euro-amerikanische Dialog wird stärker. Feiert doch Brasilien gerade in dieser EU-Präsidentschaft die Landung portugiesischer Seefahrer vor 500 Jahren.
„Ich bin sehr beunruhigt über das Wiedererwachen von nationalen Egoismen in Europa. Sie enthüllen einen schlimmen Mangel an politischer Vision.“