Ausgabe: 2000/05, Kopf der Woche, Tobar, OCD, Indios, Ecuador
01.02.2000
- Walter Achleitner
Wenn die Indios in Ecuador auf die Straße gehen, dann wissen sie, dass Alberto Luna, der Erzbischof der Indiohochburg Cuenca, bei ihnen ist.
Drei Tage nach jener unblutigen Rochade an der Staatsspitze Ecuadors, die entgegen ersten Meldungen niemand als Staatsstreich beschreibt, kommentiert Alberto Luna die Lage im Andenstaat mit gewohntem Witz: „Wie alle Unschuldigen, so soll auch ich jetzt ins Gefängnis kommen.“ Denn die wahren Schuldigen an der Staatsmisere sitzen nach dem Zusammenbruch von 18 Banken mit vollen Kassen im Ausland, den Armen im Land bleibt jedoch immer weniger zum Leben. Dass sich der Erzbischof nicht nur in den letzten Wochen auf Seiten der Armen stand, ist daher in den Augen des 76-Jährigen auch kein Grund fürs Gefängnis. Der unbeschuhte Karmelit war mit 6000 Frauen in Cuenca, als sie aus Protestes auf ihre leeren Kochtöpfe schlugen. Und keine Berührungsängste zeigte er gegenüber Indios und sozialen Bewegungen, die in „Volksparlamenten“ über neue demokratische Strukturen im korrupten Staat beraten haben.
Für Teile des Episkopats, vor allem für die mächtige christlich soziale Partei (PSC) aber ist seine Rede eines Bischofs nicht würdig. Im Volk genießt der aufrechte Verteidiger der Menschenrechte hohes Ansehen, auch weil er in seinen 19 Bischofsjahren schon mehrere versuchte Attentate überstanden hat. Auch mit Noboa als Staatschef wird Monseñor Luna die Indios entgegen der Meinung des Vorsitzenden der Bischofskonferenz nicht zu „christlichem Gehorsam“ gegenüber der Regierung verpflichten. Er setzt weiter auf die Bildung der Laien: „Sie müssen lernen, ihre Anliegen noch besser zu vertreten.“
„Es sind keine frischen Wunden, sondern sie vertiefen sich mit der wirtschaftlichen Situation. Und sie werden zu brennen beginnen, wenn nicht durch Dialog eine Lösung gefunden wird.“ Luis Alberto Luna Tobar OCD