Erinnerung – 23. und 30. Oktober 1989: In Leipzig demonstrieren jeweils 300.000 Menschen. Am darauf folgenden 4. November sind es in Ostberlin eine Million Leute. Sie verlangen freie Wahlen und Demokratie nach den Jahrzehnten im Überwachungsstaat. Wien, 19. Februar 2000. Bis zu 300.000 demonstrieren und geben ihrer Sorge um die Zukunft Österreichs Ausdruck. Nicht um freie Wahlen und Demokratie geht es, sondern um eine befürchtete Bedrohung der Demokratie. Doch Vorsicht. Eine gerade nach freien Wahlen und nach einem schwierigen Prozess der Regierungsbildung zu Stande gekommene Regierung soll abtreten, lautet eine der Forderungen. Demonstration ist neben dem Streik eines der schärfsten Mittel, das gewaltfreier Politik zur Verfügung steht. Es bleibt nicht mehr viel, was man noch einsetzen könnte, wenn sich der von vielen gehegte, von manchen vielleicht auch gepflegte Verdacht, dies wäre der Anfang einer rassistischen, Menschen verachtenden Politik, bestätigen würde. Dafür aber fehlt bis jetzt der Beweis. Wenn eine Partei nicht auf dem Boden der Verfassung stünde, hätte man dann nicht schon die Zulassung zur Wahl verhindern müssen?< br>Problematisch erscheint das angekündigte Mittel der Dauerdemonstration. Was immer die Regierung tut, gutgeheißen wird nur ihr Rücktritt. Wenn es so ist, hat die Demokratie das Vertrauen in ihre vorrangigen Mittel – die Wahlen – verloren – und damit ein Stück weit sich selbst verspielt.