Mohammed Sayed Tantawi, Großimam und höchste Lehrautorität für 90 Prozent der Moslems, hat den Papst in Ägypten herzlich empfangen. Schon vor dem Besuch aus Rom hatte Mohammed Sayed Tantawi Blumen für Johannes Paul II. gestreut. Der 72-Jährige bezeichnete den römischen Papst mehrfach in der Öffentlichkeit als „weisen Menschen, der sich für Frieden, Liebe, Moral und Tugend einsetzt“. Bereits zum Flughafen war Großimam Tantawi gekommen, als der Gast zu den Klängen des Triumphmarsches aus Verdis Ägypten-Oper „Aida“ dem Flugzeug entstieg. Und noch am selben Donnerstag Abend besuchte der Papst den höchsten muslimischen Vertreter Ägyptens in dessen neuer Residenz nahe der Al-Azhar Universität. Der Vatikan bezeichnete das 15-minütige Gespräch als Höflichkeitsbesuch, für Muslime hingegen hat das Treffen hohen Symbolwert: Sie sehen darin eine Aufwertung des Islam, manche interpretieren es gar als Schritt zum Schuldbekenntnis wegen der Kreuzzüge.Doch auch für den Dialog von Christen und Muslimen ist das Treffen bedeutend. Denn Tantawi ist seit 1996 höchster Vertreter der 973 gegründeten Al-Azar Universität. Der 43. Großscheich genießt weltweit Ansehen, und ist damit für 90 Prozent der Moslems, die Sunniten, Schiedsrichter in Glaubensfragen. Dabei gilt der im oberägyptischen Sohag Geborene in seiner Grundhaltung als traditionell, zugleich aber als entschiedener Gegner von Fundamentalismus und Extremismus. Dass mit Johannes Paul erstmals ein Nachfolger Petri das „Haus des Islam“ besucht hat, wird Tantawi im Herbst mit einem ersten Besuch im Vatikan erwidern.