Ausgabe: 2000/12, Israel Meir Lau, Lau, Israel, Kopf der Woche
23.03.2000
- Walter Achleitner
„Wir werden polnisch miteinander reden, aber es wird wohl eine gewisse Distanz geben, weil Lolek jetzt Papst ist.“Israel Meir Lau erinnert sich an Karol Wojtyla, den er im Hause seines Onkels in Krakau als „Lolek“ kennengelernt hat. Nun besucht der Papst den Oberrabbiner in Jerusalem.
Mehrere Seiten haben zuletzt Israel Meir Lau das Leben schwerer gemacht als notwendig. Zum einen, weil päpstliche Reiseplaner unterschätzt hatten, wie heilig in Israel der Sabbat ist. Lau sorgte für die Programmänderung: Ab Freitag Abend müssen nun weder Piloten noch Sicherheitskräfte den Tag des Herrn brechen. Zum anderen meldete die höchste jüdische Autorität Israels Bedenken gegen eventuelle Demonstrationen an: Sie könnten in aller Welt – besonders in überwiegend katholischen Ländern – Juden zum Nachteil werden. Woran der vor 63 Jahren in Polen Geborene dabei denkt? Die nationalsozialistische Judenvernichtung ist „nur“ eine Form des Judenhasses – ihre grausamste. Lau hat sie überlebt: vom Warschauer Ghetto bis ins KZ Buchenwald; seine Eltern hat er im Holocaust verloren.
1946 war der Überlebende mit seinem Onkel von Krakau nach Israel ausgewandert. Nach der Ausbildung und seiner Weihe zum Rabbi 1960, begann für den achtfachen Vater eine Laufbahn, die mit der Wahl zum aschkenasischen Oberrabbiner von Israel 1993 ihren Höhepunkt erreichte. Sein 1975 erschienenes Buch „Wie Juden leben“ gilt international als Standardwerk. Das Treffen im Großrabbinat von Hechal Shlomo ist der Gegenbesuch des Papstes. 1993 war der Oberrabbiner bereits in Rom und ebnete den Weg zur Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und dem Vatikan.