Tägliches Türen-Zuschlagen – Leitartikel von Redakteur Ernst Gansinger
Türen werden zugeschlagen, wenn Worte nicht mehr schlagend sind.
Ausgabe: 2000/13, Türen, Menschen, schlagen, Österreich
28.03.2000
- Ernst Gansinger
Sie ist eine aufgeregte Zeit, unsere Zeit. Unterschiedliche Ansichten werden nicht ausdiskutiert, sondern ausgefochten. Andere Meinungen werden nicht eingebracht, sondern aufgebracht vorgebracht. Andersdenkende werden mit Schimpf überhäuft.
Sie ist eine unbarmherzige Zeit, unsere Zeit. Fehler werden nicht verziehen. Sie werden als Beweis dafür angeführt, wie dumm, ignorant oder gemein der Mensch ist, der den Fehler zu verantworten hat. Irrtum ist ausgeschlossen.
Dies ist Alltag für viele. Wer sich öffentlich mitteilt, kann davon ein Lied singen. Türen werden zugeschlagen, wenn Worte nicht mehr schlagend sind. Politiker, Journalisten oder andere Menschen, die sich zu Wort melden, erleben Aggressions-Staus, die zur Explosion führen, ausgelöst von winzigen Anlässen. Auch in der Kirchenzeitung müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass immer mehr Menschen sehr hart, sehr laut und ohne mit sich reden zu lassen, ins Gericht gehen.
Sie müsste eine tolerantere Zeit werden, unsere Zeit. In der die Menschen zuhören, Meinungen abwägen, Standpunkte vertreten, ohne jene zu treten, die andere Sichtweisen haben.
Es könnte uns allen eine Lehre sein, wie es Österreich, abgekanzelt und von anderen Ländern verdammt, geht. Wir könnten es privat besser machen – weniger Aufregung, mehr Barmherzigkeit!