Kopf der Woche: em. Univ.-Prof. Dr. Alfred Raddatz
Ausgabe: 2001/26, Raddatz, Wurzeln
26.06.2001
- Hans Baumgartner
Die Christen müssten sich mehr auf ihre jüdischen Wurzeln besinnen, meint der evangelische Theologe Alfred Raddatz.
Der Koordinierungsausschuss für christlich-jüdische Zusammenarbeit wurde bereits 1956 auf Initiative von Kardinal König gegründet. Bisher hatten in dem von Christen/-innen verschiedener Konfessionen und Vertreter/-innen jüdischer Gemeinden getragenen Verein katholische Theologen den Vorsitz inne. Bei der letzten Generalversammlung wurde mit dem emeritierten Uniprofessor für Kirchen- und Kunstgeschichte, Alfred Raddatz, erstmals ein evangelischer Präsident gewählt. „Mein Bestreben geht dahin“, so Raddatz, „dass wir bald einmal einen jüdischen Präsidenten wählen.“Raddatz, der seit vielen Jahren im Koordinierungsausschuss mitarbeitet, beschäftigt sich seit seinem Studium mit Fragen des Verhältnisses zwischen Christen (Kirchen) und Juden. Besonders befasste er sich mit den zwei Judenschriften Luthers (die erste einladend, die zweite ablehnend den Juden gegenüber) und dem Bildmotiv „Ecclesia und Synagoge“, der zumeist abwertenden Gegenüberstellung von Kirche und Judentum in allegorischen Frauengestalten. Dazu organisiert er im Frühjahr 2002 auch eine Ausstellung im Wiener Dommuseum. Raddatz’ großes Anliegen ist es, dass man sich christlicherseits noch mehr bewusst wird, dass das Christum vom Judentum her kommt und nur von diesen Wurzeln her verstanden werden kann. „Da liegt noch ein weiter Weg vor uns.“ Deshalb ist Raddatz froh, dass der Ökumenische Rat der Kirchen auf seine Initiative den 17. Jänner als Tag des Judentums eingeführt hat. Eine Saat, von der er hofft, dass sie in den Kirchen noch tiefer Wurzeln schlagen und gute Früchte bringen wird.