Ein Seelsorger gerät in den Verdacht, Jugendliche missbraucht zu haben. Eine Tatsache, die traurig stimmt und die vor allem aus der Sicht der Betroffenen beurteilt werden muss. Vertrauen ist die Basis der Seelsorge: Menschen sollen Vertrauen schöpfen können. Wo die Fähigkeit zu vertrauen zugeschüttet ist, soll Seelsorge sie behutsam wecken. Ohne Vertrauen kann der Mensch nicht leben. Weil ein Mensch durch Missbrauch gerade in seinem persönlichsten Inneren verletzt wird, ist die Sache so schlimm.
Anders als früher versucht die Kirche nicht zu beschönigen oder zu sagen: Es kann nicht sein, was nicht sein darf! Bittere Erfahrungen wurden in den letzten Jahren gemacht. Die Kirche hat es in ihren Funktionsträgern mit Menschen zu tun, die genauso fehlbar sind wie andere auch. Der „Versuchung“ sind sie genauso ausgesetzt wie andere auch.
Vielleicht müsste zu den Bemühungen, offen mit der Thematik umzugehen und eigene Einrichtungen für Opfer zu schaffen, noch stärker über die Faktoren nachgedacht werden, die Missbrauch begünstigen. Es ist eines, die Feuerwehr gut auszustatten, die den Brand löschen soll, ein anderes, die Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, die das Feuer erst gar nicht ausbrechen lassen. Dazu gehört die Offenheit. Man kann Beobachtungen zur Sprache bringen, ohne gleich ein Vernaderer oder Verleumder zu sein. Dazu gehört auch, Menschen mit ihren Schwächen nicht allein zu lassen.