Er ist Tischler, Bergführer und ehrenamtlicher Zeitungsmacher. Er selbst sieht sich als Mahner, Lehrer und Propheten: Pepi Gleirscher aus Neustift im Stubaital.
Der Witz springt ihm aus den Augen. Im Gesicht von Pepi Gleirscher ist die todernste Miene selten zu finden. Eher schon ein hintergründiger Schalk, indem er langsam und wohlüberlegt Wort für Wort zu einem ganzen Satz formt. So als wüsste er am Anfang eines Satzes noch nicht, wie er ihn zu Ende formuliert.
Die Auflage steigt
Pepi Gleirscher ist Chefredakteur und Herausgeber der Zeitung „I – Du – Mir“ (Mir ist „tirolerisch“ und heißt so viel wie „Wir“). Die meist achtseitige Zeitung erscheint vier Mal pro Jahr in einer Auflage von rund 1300 Stück. Soeben wurde die 153. Nummer gedruckt. „I – Du – Mir“ ist eine Gratiszeitung und erreicht jeden Neustifter Haushalt. Und weil die Zahl der Haushalte in Neustift langsam aber ständig zunimmt, steigt auch die Auflage.
Einmal pro Jahr liegt ein Zahlschein bei. Die stille Aufforderung verhilft dem Zeitungsmacher mittlerweile zu einer einigermaßen ausgeglichenen Jahresbilanz. Dazu kommen jedes Jahr noch zwei Werbeeinschaltungen der ortsansässigen Banken.
„Am Beginn der Arbeit musste ich die Zeitung aus der eigenen Tasche finanzieren“, blickt Pepi Gleirscher auf die Anfänge im Jahr 1978 zurück.
Die Eingebungen der Berge
„Die meisten Artikel, die ich geschrieben habe, sind auf Bergtouren entstanden“, erzählt er. Schritt um Schritt, Satz für Satz arbeiten im Neustifter die Artikel. So wie die Schritte will er auch die Sätze langsam und bewusst setzen. Wer einmal mit Pepi auf Tour gegangen ist, weiß um die Bedeutung von Langsamkeit. Das Anfangstempo ist so bemessen, dass es den Namen „Tempo“ beinahe nicht verdient. Tausende von Berggipfel hat er so bezwungen, mindestens ebenso viele Menschen hinauf und hinunter begleitet.
Rund die Hälfte eines Jahres verbringt Pepi Gleirscher auf Hütten, in einfachsten Quartieren, auf schmalen Pfaden und Gletschern. Ein Leben, das den mittlerweile 65-Jährigen entscheidend geprägt hat. Sein Körper verrät Ausdauer, Belastbarkeit und kein unnötiges Zuviel. Prägend wirkt das Gehen auch auf seinen Schreibstil: „Ich möchte die Kirche mit einer Berghütte vergleichen, die dem Bergsteiger Schutz gibt“, schreibt er in seiner jüngsten Nummer.
Das Leben, wie es ist
Ein Blick in die 153 Nummern des „I – Du – Mir“ zeigt eine breite Palette von Themen. Die Artikel handeln von der geplanten Ortsumfahrung, dem Bau neuer Liftanlagen und dem Lärmpegel bei Sommerfesten im Dorfzentrum. „Ich wollte ein Forum schaffen, wo alle in der Gemeinde friedlich miteinander streiten können“, erzählt Gleirscher. Für ihn ein „Sprung ins kalte Wasser“, der bei ihm selbst und vielen Gemeindebürgern zunächst für Schüttelfrost sorgte. Denn das offene Ansprechen von heißen Themen in der Gemeindepolitik sorgte nicht nur für dankbare Anerkennung. Trotzdem ist „I – Du – Mir“ kein rein politisches Blatt. Zum Konzept gehört auch, dass jede Ausgabe besinnliche Gedanken enthält – aktuell etwa über den Sommer, die Zeit des Wachsens.
Über die Zukunft der Zeitung macht sich Pepi Gleirscher keine Sorgen. Schon immer stand er auf dem Standpunkt: „Wenn’s was gscheits isch, wird’s bleiben, sonst hört sich’s eh auf.“ Eine Gelassenheit, die wohl auch auf der Ehrenamtlichkeit seines Einsatzes beruht. Und das seit 23 Jahren.