Bischof Stecher geht der Spur des Geldes im Neuen Testa-ment nach. Und er findet so manches Interessante undBeherzigenswerte.
Es gibt im Evangelium das Geld auf der Bank. In Mt 25, 14 sagt der Herr zum faulen Knecht, der das anvertraute Geld einfach vergraben hatte: „Du hättest das Talent (etwa S 60.000.–) wenigs-tens auf der Bank anlegen können, damit ich für mein Geld bei der Rückkehr die Zinsen bekommen hätte.“Es gab sie also, die Sparkasse von Jerusalem. Und es war durchaus gängig, Zins zu zahlen und Zins zu nehmen. Die jüdischen und christlichen Zinsverbote waren ja gegen den Wucherzins gerichtet. Maßvoller Zins war nie zu umgehen. Der Herr im Gleichnis setzt übrigens voraus, dass ein derartiges Institut verlässlich und seriös ist. Sonst hätte er es nicht empfehlen können.
Das schmutzige Geld
Die Hl. Schrift kennt auch das kriminelle, schmutzige Geld. Da ist von den Summen die Rede, die Judas als Kasseverwalter unterschlug. Hierher gehören auch die 30 Silberschekel, die der verzweifelte Verräter in den Tempel warf, und von denen dann das zarte Gewissen der Hohenpriester, die den Schandlohn bezahlt hatten, feststellte, dass dieses Geld „unrein“ war und daher nicht in den heiligen Tempelschatz passte.Zum schmutzigen Geld ge-hört auch das Schweigegeld für die Grabwache. Die armen Teufel mussten froh sein, mit Geld und Stillschweigen davon zu kommen. Nur das Versprechen der Hohenpriester, sie nicht dem Pilatus zu melden, hat sie vor einem Verfahren wegen Wachvergehen bewahrt, auf das die strengsten Strafen standen. So hat das schmutzige Geld Zeugen des Ostermorgens stumm gemacht.
Das verschenkte Geld
Das Evangelium weiß auch um das großzügig verschenkte Geld. Das kommt beim Nardenöl zur Sprache, das die dankbare Maria in Bethanien über Jesus ausgoss. Den Geldwert der Sache hat Judas sofort erfasst und auf 300 Denare geschätzt. Damit lag er richtig. Aus einer zufälligen Bemerkung in der zeitgenössischen Literatur aus Kleinasien wissen wir, dass ungefähr dieser Preis für echte Narde bezahlt wurde. Ein Denar war der Tageslohn eines Arbeiters. Aber Jesus hat die Verschwendung der Liebe Marias, die dafür wohl den Familienschatz nahm, in Schutz genommen.
Das kostbarste Geld
Und weiters erinnert Jesus an das kostbarste Geld. Er redet im Tempel davon. Aber er meint damit nicht die gewaltigen Gold- und Silbermengen, die den sogenannten Tempelschatz bildeten. Das waren nicht nur Weihegeschenke, sondern auch Depositen (Geldanlagen). Der Tempel war der sicherste Tresor.Jesus meint mit dem kostbars-ten Geld jene zwei Asse, die winzigsten Kupfermünzen, die eine arme Witwe in den Opferstock warf. Er hat dafür gesorgt, dass diese beiden Groschen durch die Weltgeschichte klimpern: „Sie hat alles gegeben, was sie hatte.“ Mit diesem Wort hat er sie an die Spitze der langen Spenderliste für den Tempel gestellt.
Das Geld der kleinen Leute
Die Ehrfurcht vor diesem Geld schärft noch ein anderes Gleichnis ein. Lukas erzählt von der einfachen Frau, die in ihrem fensterlosen dunklen Wohnraum eine Drachme verloren hatte. Das war objektiv nicht viel, für die Frau aber ein bedeutender Verlust. Als sie die Drachme wiederfindet, jubelt sie mit den Nachbarinnen.Ich erwähne diese Hinweise auf das Geld der kleinen Leute, mit denen der Erlöser mitfühlte, weil der Respekt vor diesem Geld zeitlos sein muss. Die Ehrfurcht vor dem Geld der kleinen Leute müsste allen Finanzverantwortlichen bis in die Knochen fahren.
Das Devisengeschäft
Ich muss auch erwähnen, dass im Evangelium vom Devisengeschäft die Rede ist. Darum geht es im Bericht, in dem geschildert wird, wie Jesus die Tische der Geldwechsler im Tempel umstieß. Das war kein Terrorangriff auf ein ehrsames Gewerbe. Der Tempel von Jerusalem war ein eigenes Währungsgebiet. Im Tempel durfte nur mit dem heiligen Tempelschekel bezahlt werden. Und da die Pilger aus aller Herren Länder mit ihren lokalen Münzen zusammenströmten, mussten sie im Tempel das Geld umtauschen. Die bei dem Geschäft etablierten Herren aus der Kaste der Hohenpriester bestimmten den Wechselkurs – und machten dabei einen gewaltigen Schnitt: bis zu 50 Prozent. Darum war der heilige Tempelschekel nicht gar so heilig. Als Jesus die Tische der Wechsler umstieß, rebellierte er gegen eine Mafia. Auszug aus der Predigt, die Bischof Stecher im April 1997 bei der Messfeier zum 175jährigen Bestehen der Sparkasse Innsbruck gehalten hat.