Ausgabe: 2001/35, Kopf der Woche, amnesty international,
28.08.2001
- Walter Achleitner
Für neue Sichtweisen wird Irene Zubaida Khan sorgen. Mit ihr steht an der Spitze von amnesty international erstmals eine Frau, erstmals eine Asiatin und erstmals eine Muslimin.
Anders als ihr Vorgänger, der 51-jährige Senegalese Pierre Sané, trägt Irene Zubaida Khan keine Brille. Dennoch wird mit dem Wechsel an der Spitze von amnesty international (ai) die Men-schenrechtsorganisation durch ihre neue Generalsekretärin vieles wie durch neue Brillen wahrnehmen. Denn neben den klassischen ai-Fällen, verfolgte Aktivisten und regimekritische Intellektuelle, sind es zahllose Namenlose, deren Menschenrecht missachtet wird. Besonders davon betroffen sind Frauen. Eine der alltäglichsten Formen hat die Frau aus Bangladesch hautnah erlebt: das Leid durch Vertreibung und Flucht. Im UN-Flüchtlingshilfswerk 21 Jahre weltweit eingesetzt, 1999 war sie beispielsweise Krisenmanagerin in Mazedonien, hat sie erfahren, was das Wort „Menschenrechtsverletzung“ bedeutet. Andererseits zeichnen sich im Einsatz für Menschenrechte Frauen durch besonderen Mut und Ideenreichtum aus: ob die russischen „Soldatenmütter“ in Tschetschenien oder Serbiens „Frauen in Sachwarz“.
Die 44-jährige Juristin, im Bereich des internationalen Rechts auf Menschenrechte spezialisiert, ist auch die erste Muslimin im Generalsekretariat von amnesty. Einer Organisation, der von Regierenden in der islamischen Welt gerne vorgeworfen wird, sie sei einseitig christlich geprägt und hätte kei-nen Sinn für andere Werte. Was ebenso wenig stimmt wie die Annahme, dass Irene Kahns bisher standhafter und kompromissloser Einsatz für Vertriebene auf ihren Geburtstag zurückgeht: den 24. Dezember.