Trotz aller menschlichen Irrungen und Wirrungen ist eines gewiss: Gott ist mit uns auf unserem Weg, Gottes Verheißungen erfüllen sich.
Wir alle kennen das biblische Paar, Abraham und Sara. Gemeinsam ziehen sie fort aus Ur in Chaldäa und folgen der Verheißung in ein Land, das Gott ihnen geben wird. Verbunden damit ist die Hoffnung auf Nachkommenschaft, hat doch Gott Abraham verheißen, dass diese so zahlreich sein wird wie die Sterne am Himmel (Genesis 15, 5). Der Weg ins verheißene Land ist ein mühsamer für Mensch und Tier, es ist ein Weg durch die Fremde und Rechtlosigkeit. Dabei geschehen Dinge, die uns heute ziemlich fremd erscheinen. Abraham scheint nicht besonders mutig zu sein und Frauen sind rechtlos. Einmal in Ägypten und ein zweites Mal in Gerar im Negeb gibt Abraham seine Frau Sara dem Pharao bzw. dem König Abimelech. Denn niemand ist so schön weit und breit wie Sara und die beiden Herren begehren sie und sind es gewohnt, alles zu erhalten, was sie wollen. Beide Male kommt Unglück über ihr Haus und Abraham muss zugeben, dass Sara nicht nur seine Halbschwester, sondern auch seine Frau ist. Das Begehren einer fremden Frau ist sündhaft. Zwar gibt es ausdrückliche Zweifel an der Geschichtlichkeit dieser Vorgänge, die Erzählung ist jedoch sehr alt und soll die Gefährdung der Ahnmutter darstellen.
Zu-Grund-gehendes Hoffen
Was Sara passieren kann ist der Verlust ihrer einzigartigen Stellung, Mutter der Heilsgeschichte zu sein. Diese Gefahr besteht für Sara noch längere Zeit in ihrem Leben, denn sie ist unfruchtbar und kann keine Kinder gebären. Abraham und Sara werden also ein „altes“ Ehepaar, auch im übertragenen Sinn des Wortes. Nachdem die Verheißung so lange auf sich warten lässt, ist ihre Hoffnung vertrocknet. Sara nimmt diese Angelegenheit selbst in die Hand. Sie greift zu einem Mittel, das ihr im Grunde ihres Herzens nur weh tut. Sara gibt ihrem Mann ihre ägyptische Sklavin Hagar zur Frau (Genesis 16). Jetzt beginnt eine neue Form der Beziehung. Die Ehe zwischen Abraham und Sara verändert sich durch diese zweite Frau. Sie wird um vieles schwieriger, besonders als Hagar von Abraham ein Kind empfängt und so von der Sklavin zur Nebenfrau „aufsteigt“. Die Verbitterung über ihre Kinderlosigkeit wird bei Sara noch größer. Abraham zieht sich aus der Affäre, indem er die beiden Frauen sich selbst überlässt und in zaghafter Zweideutigkeit mit allem einverstanden ist, was kommt. Die Unterdrückung durch Sara veranlasst die Sklavin in die Wüste zu fliehen.
„Du-Gott-der-mich-ansieht“
In der Wüste ereignet sich etwas, das deutlich macht, dass Gott immer auf der Seite der Unterdrückten steht – unabhängig von Herkunft und Geschlecht. Der Bote Gottes findet Hagar am Brunnen und stellt ihr eine entscheidende Frage: Hagar, Flüchtende, woher bist du gekommen und wohin zieht es dich? Diese Frage ist damals und heute mehr als aktuell. Der Bote sichert ihr Gottes Beistand zu. Besonders eindrücklich ist der Lobpreis, den Hagar nun anstimmt. Sie ist die erste Frau, noch dazu eine Heidin, die Gott einen Namen gibt, in dem sich das Wesen Gottes ausdrückt. „Du Gott der Sicht!“ – übersetzt Martin Buber, „du Gott, der mich ansieht, der sich mir zuwendet und mir so Einzigartigkeit verleiht“. Hagar kehrt zurück und gebiert dem Abraham einen Sohn – Ismael (Gott hört), er wird der Stammvater der arabischen Völker. Saras Hoffnung erfüllt sichEndlich wird auch für Sara die Hoffnung wieder jung. Sie gebiert ebenfalls einen Sohn und nennt ihn Isaak (Gott lässt mich lachen). Zur gleichen Zeit muss Hagar endgültig gehen und wieder weiß Abraham nicht, wie er sich Frau und Sohn gegenüber verhalten soll. Aber sowohl Gott als auch Hagar übernehmen ihren Teil. Gott segnet den Sohn und lässt ihn groß werden, Hagar sucht ihm eine Frau, damit er zu einem Volk werde, der Verheißung am Brunnen entsprechend.Die Begegnung dieser drei Menschen macht deutlich, dass Heilsgeschichte auf jeden Fall geschieht, unabhängig von der moralischen Integrität, von Herkunft und Geschlecht. Gott will das Heil aller Menschen.