Die Idee, dass alle Konfessionslosen einem bewusst gewählten Atheismus anhängen und für einen dezidiert atheistischen Humanismus eintreten, ist wohl zu einfach. Analyse von Heinz Niederleitner.
Ausgabe: 2017/35
29.08.2017
- Heinz Niederleitner
Nach dem Rummel um den Anstieg der Muslime ist bei der öffentlichen Diskussion rund um die Studie der Akademie der Wissenschaften der Anstieg der Konfessionslosen von 12 auf 17 Prozent seit 2001 nun Thema geworden. Dazu wurden zwei unterschiedliche Einschätzungen veröffentlicht: Gerhard Engelmayer, Vorsitzender des Freidenkerbundes, forderte in der „Presse“ (23. August) die staatliche Anerkennung einer Vertretung der Konfessionsfreien, denn diese hätten „eine klarere Weltanschauung als die meisten Katholiken“: Viele „Taufscheinchristen“ würden nicht an die Aussagen ihrer Religion glauben, argumentiert er.Anders sieht das der Kirchenhistoriker Rudolf K. Höfler („Wiener Zeitung“, 23. August): Konfessionslos bedeute selten Ungläubigkeit; die meisten würden die Kirche(n) wegen des Kirchenbeitrags verlassen.
Zu einfach
Die Idee, dass alle Konfessionslosen einem bewusst gewählten Atheismus anhängen und für einen dezidiert atheistischen Humanismus eintreten, ist wohl zu einfach. Wahrscheinlicher ist, dass sie aus Atheisten, Agnostikern, Kirchenbeitrags-Austretern, gläubigen Kirchenkritikern und Menschen bestehen, für welche die Frage nach Gott nachrangig ist. Gleichzeitig wird es Kirchenmitglieder geben, die an der zentralen Glaubensfrage der Auferstehung zweifeln. Sie bleiben in der Kirche, weil sie die menschlichen, sozialen Werte und den Einsatz in diesem Sinne unterstützen – oder aus Tradition. Sie als "Taufscheinchristen“ abzustempeln, ist sicher nicht passend.
Respekt
Redlicherweise wird man also keinen Gegensatz „hier Gläubige, dort Ungläubige“ konstruieren können. Gegenseitiger Respekt von konfessionell gebundenen und ungebundenen Menschen wäre viel wichtiger.