Am 1. Fastensonntag wendet sich Bischof Dr. Ludwig Schwarz zum ersten Mal in einem Fastenbrief an die Katholikinnen und Katholiken in der Diözese Linz. Im Sinne der Enzyklika „Deus Caritas est“ stellt er die „Caritas“ in die Mitte.
Mit meinem ersten Fastenhirtenbrief begrüße ich Sie in aufrichtiger Freude. Wir stehen am Beginn der österlichen Bußzeit. Seit alters her haben die Christen es als einen besonderen Sinn des Fastens angesehen, mit den Armen zu teilen. Mehr noch als sonst im Jahr sollen wir uns in der Fastenzeit um Menschen in Not sorgen, um Alte, Kranke und Behinderte, um mutlose, ratlose und verzweifelte Menschen. In all diesen begegnet uns Christus. In der Liturgie am Aschermittwoch wurde jener Text vorgetragen, in dem Jesus den untrennbaren Zusammenhang von Fasten, Gebet und barmherziger Liebe festgehalten hat. Barmherzigkeit und Caritas sind Wesenselemente unserer Kirche. Wir sind herausgefordert, in den Armen Christus zu dienen. Das II. Vatikanum darf uns als Richtschnur dienen, wenn es sagt: „Christus wurde vom Vater gesandt, den Armen die Frohe Botschaft zu bringen, zu heilen, die bedrückten Herzens sind.“ In den Armen und Leidenden erkennen wir das Bild dessen, der die Kirche gegründet hat und selbst ein Armer und Leidender war. In unserer Diözese ist die Caritas nicht nur ein geduldetes „Anhängsel“. Sie ist nicht die andere Seite der Kirche, sondern ihre Wesensmitte!
Eucharistie. Wenn wir Eucharistie feiern, dann ist diese Feier nur glaubwürdig, wenn sie in Taten der Liebe und im Einsatz für eine gerechte Welt wirksam wird. Eucharistie und der Dienst am Nächsten bilden eine untrennbare Einheit. Wer von der Eucharistie redet, spricht immer auch vom Geschehen der Fußwaschung, und wer von der Fußwaschung spricht, schildert, wofür die Eucharistie ein Zeichen ist.
Gemeinden sind Sauerteig. Von einer christlichen Gemeinde können wir dann sprechen, wenn Christinnen und Christen im Sinne Jesu barmherzig, heilend, tröstend und befreiend handeln (Diakonie), sein Wort hören und weitersagen (Verkündigung) und das Geschenk des Glaubens dankbar feiern (Liturgie). Da entsteht christliche Gemeinschaft (Koinonia), die zum Sauerteig in unserer Gesellschaft wird. So werden christliche Gemeinden zu einem Leben in Fülle beitragen (Joh 10,10). Denn indem sich die Gläubigen mit Notleidenden solidarisieren, ihre Hoffnungen mit ihnen teilen, miteinander beten, singen und Eucharistie feiern, entsteht Gemeinschaft im Sinne Jesu.
Gottes- und Nächstenliebe bilden also eine unzertrennliche Einheit, denn Jesus verstand sein gesamtes Reden und Wirken als Dienst am Reich Gottes. Dieser „Dienst für den Herrn“ muss sich gerade im „Dienst für den geringsten Menschen“ zeigen und bewähren!An andere Menschen weitergegebene Liebe ist das sichtbare Zeichen (Sacramentum) für die von Gott empfangene Liebe in der Kirche. Damit wird die Caritas, die tätige Nächstenliebe der Kirche, zum Sakrament des Glaubens. Nächstenliebe ist also primärer Akt der Gottesliebe. Der barmherzige Samariter bleibt somit auch heute das leuchtende Symbol für eine Kirche, die den schreienden Menschen ernst nimmt. Unsere Aufgabe als Getaufte ist es, immer wieder neu die „Zeichen der Zeit“ zu erkennen und mutig und solidarisch besonders die Lebenssituation der Armen und Bedrängten in den Blick zu nehmen, sich für den Abbau von lebensfeindlichen Kräften und Strukturen einzusetzen und den am Straßenrand Liegenden zu helfen, damit sie in Würde ihren Weg weitergehen können. Die Caritas soll uns dabei helfen, die Not zu sehen und entsprechende Hilfe zu leisten. In den 60 Jahren seit ihrer Gründung hat die Caritas die jeweiligen Zeichen der Zeit erkannt und viele verschiedene Dienste entwi-ckelt. Ich danke den vielen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Caritas für ihren Einsatz.
Auf dem Weg zum Osterfest. Wir sind auf dem Weg zum Osterfest, an dem wir das Leiden, den Tod und die Auferstehung Jesu feiern. In tiefer Solidarität mit allen leidenden Menschen hat Jesus sein Leiden und Sterben auf sich genommen und in seiner Auferstehung den Tod besiegt. Alle Menschen, die sich in der Nachfolge Jesu auf die Menschen in ihren seelischen und körperlichen Leiden einlassen und sie einfühlsam begleiten, nehmen teil am heilenden und erlösenden Wirken unseres Erlösers Jesus Christus. Ich wünsche allen Pfarrgemeinden und christlichen Gemeinschaften in unserer Diözese eine fruchtbare österliche Bußzeit.
„Wenn wir Eucharistie feiern, dann ist diese Feier nur glaubwürdig, wenn sie in Taten der Liebe und im Einsatz für eine gerechte Welt wirksam wird.“