Im Rahmen des Projektes „Stellenwert – Jugend will Arbeit“ sammeln Katholische ArbeitnehmerInnen Bewegung KAB, Betriebsseelsorge und Katholische Jugend OÖ gute Erfahrungen im Bereich Lehre.
Schlimme Erfahrungen mit letztlich gutem Ausgang haben Alic Meliha und Eva Kaisinger gemacht. Die beiden jungen Frauen sind nun Lehrlinge bei den ÖBB. Zuvor hatten sie unzählige Bewerbungen geschrieben. Alic Meliha wollte eine technische Lehre. Von den 200 Firmen, bei denen sie sich beworben hatte, schrieben ihr knapp die Hälfte zurück. Lauter Absagen. Manchen wohnte sie zu weit weg, einige erklärten, sie nähmen keine weiblichen Lehrlinge, auch der Grund stand zu lesen, dass Alic Meliha ein zu gutes Zeugnis habe, man wolle eher Jugendlichen eine Chance geben, die aufgrund ihres Zeugnisses kaum Chancen haben. Insgesamt zweieinhalb Jahre hantelte sie sich durch zwischen Ausbildungskursen, Schnuppertagen und Arbeitslosigkeit.
Kein Platz für Mädchen. Nicht sehr viel anderes berichtet Eva Kaisinger. Auch sie wollte unbedingt Maschinenbautechnikerin werden. Ende Oktober schickte sie die erste Bewerbung ab, Mitte Jänner kam die erste Antwort: Tut uns Leid ... Ermutigt durch den Repräsentanten einer Firma auf der Berufsinformationsmesse, der sich für Mädchen in technischen Berufen aussprach, schrieb sie eine ihrer 150 Bewerbungen an diese Firma. Und erhielt auch von dort eine der vielen Absagen.
Endlich das Ende des Tunnels. Als dann – das gilt für beide – von den ÖBB die Einladung zum Aufnahmetest kam und als sie diesen unter vielen Mitbewerberinnen bestanden haben, war die Freude umso größer: endlich ein Lehrplatz. Endlich im gewünschten beruflichen Umfeld eine Ausbildung! Endlich eine Zukunft! Die Zeit davor war „ziemlich arg“, sagen die beiden übereinstimmend. Alic Meliha hat sich in dieser Zeit sogar vorstellen können, als Friseurin zu arbeiten oder als Kosmetikerin – zwei Berufe, die sie absolut nicht wollte – aber „da sieht man, wie tief ich schon unten war.“ Dieses Dranbleiben am Berufswunsch war ein Härtetest, bei dem auch die Arbeitsmarktbetreuer nicht mitspielen wollten. Aber es hat sich gelohnt. Und beide schwärmen jetzt von den ÖBB.
Die Zeit der langen Suche
„Nach 100 Bewerbungen habe ich mir gedacht, ich kann nicht mehr. Es hat mir sehr weh getan, dass mich, einen Autofreak, kein KFZ-Betrieb nahm ... Ich habe dann die Hoffnung aufgegeben und gedacht, gehe ich wieder in die Schule zurück, obwohl ich das überhaupt nicht wollte.“ (Alic)
„Ein Poly-Lehrer hat mich immer gestützt. Er hat gemeint: Gib nicht auf, es wird schon. Und meine Eltern.“ (Eva)
„Die Eltern und die Freunde haben zu mir gehalten.“ (Alic)
Zur Sache
„Stellenwert –Jugend will Arbeit“ macht die Wichtigkeit der Jugendbeschäftigung, der Beschäftigung im Sinne guter Arbeit zum Thema. In Österreich haben 2005 nach der Schulpflicht 38.552 Burschen und Mädchen eine Lehre begonnen. Das sind 42,6 Prozent aller Jugendlichen des entsprechenden Jahrgangs. Die Zahlen aus Oberösterreich: 8.331 Lehranfängerinnen, insgesamt 26.651 Lehrlinge, 8.208 Lehrbetriebe.Andererseits sind derzeit in Oberösterreich 11.335 Jugendliche ohne Arbeit. Auf eine Lehrstelle kommen vier Jugendliche, die sie haben wollen.
Beispiel gebend.
Mit dem Projekt „best practice“ im Rahmen von Stellenwert laden KAB, Betriebsseelsorge und Katholische Jugend ein, Beispiele von vorbildlichen Lehrstellen für Burschen und Mädchen in Klein- und Mittelbetrieben quer durch alle Branchen und Regionen zu nennen. Aus allen Einsendungen bis 15. Mai 2006 (von Betrieben, Lehrlingen, Ausgelernten, Ausbildner/innen, Berufsschullehrer/innen, Eltern, Angehörigen) werden von einer Jury zwölf vorbildliche Beispiele ausgewählt für die Veröffentlichung im „best-practice“-Kalender 2007. Dieser wird am 18. Oktober im Betriebsseminar Linz präsentiert (19 Uhr). br>Hinter einem guten Lehrplatz steckt viel: dass ausreichend Zeit für die Ausbildung des Lehrlings zur Verfügung steht. Dass Motivation und Freude am Beruf vermittelt wird. Dass auch für die Persönlichkeitsentwicklung des Lehrlings etwas getan wird.