Enns – Brasilien: Zusätzlich zur Pfarrarbeit ist Christian Mayr auch Gefangenenseelsorger
Ausgabe: 2006/30, Brasilien, Enns, Christian Mayr, Gefangenenseelsorge, Gefangenenseelsorger
25.07.2006
- Josef Wallner
Wöchentlich geht der aus Enns stammende Priester Christian Mayr in das Polizeigefängnis von Barreiras (Brasilien). Was er dort erlebt, ist unvorstellbar.
Sieben Zellen hat das Polizeigefängnis der Stadt. Jede Zelle ist für vier Mann gebaut. Doch die Realität sieht anders aus. Bis zu fünfzehn Männer müssen in einer Zelle mit zehn Quadratmetern Platz finden. Wie das möglich ist? – „Die Verhältnisse sind eine Tortur. Der Staat tut damit den Menschen Gewalt an“, sagt Pfarrer Mayr. Die Misere liegt im Rechtssystem begründet, erklärt er: Es gibt nur einen Richter für 200.000 Menschen, die Akten türmen sich, immer wieder gehen welche verloren. Damit kommt es häufig zu Situationen, die die ganze Unmenschlichkeit des Systems zeigen. „Kleine Diebe“ müssen oft bis zu zwei Jahre im Gefängnis auf ihren Prozess warten – die Strafe, die dann verhängt wird, beträgt aber nur ein halbes Jahr.
Worte kühlen. Mit einem Team von Ehrenamtlichen geht Pfarrer Mayr jeden Mitttwochnachmittag in das Gefängnis, um mit den Insassen zu reden, ihre Anliegen zu hören, Bastelmaterialien zu bringen und mit ihnen zu beten. Die Gruppe singt Lieder, es wird das Sonntagsevangelium gelesen und in einer kurzen Ansprache versucht der Seelsorger ihnen Mut zu machen – zum Durchhalten und dass sie trotz allem miteinander brüderlich umgehen: „Ich weiß, meine Worte sind nur wie ein Tropfen auf den heißen Stein, aber sie bringen doch ein wenig Kühlung.“ In der Karwoche hat der Pfarrer Häftlingen die Füße gewaschen – als ein Zeichen, dass sie trotz allem Würde haben. „Die Gefangenen haben die Bedeutung dieser Handlung gefühlsmäßig sofort erfasst und waren mit Aufmerksamkeit und Nachdenklichkeit dabei.“
Stimme für Rechtlose. Pfarrer Mayr versteht sich auch Stimme für die Gefangenen. Er erkundigt sich zum Beispiel für Gefangene nach dem Stand des Prozesses und auch der Bau eines größeren Gefängnisses ist in Aussicht gestellt – als ein erster Schritt.