„Wir wissen ja nicht, ob der Papst das weiß – also wollen wir ihn auf unsere Probleme aufmerksam machen“, erzählt Gertraud Allerstorfer, Obfrau des Pfarrgemeinderates Feldkirchen an der Donau. Auf einer dicht beschriebenen Großformat-Seite bekommt Papst Benedikt XVI. eine dramatische Geschichte zu lesen: Sorgen und Hoffnungen von Menschen einer Pfarre, in der erstmals ein Laien-Seelsorgeteam wirkt.
„Wir standen vor der größten Herausforderung seit Bestehen des Pfarrgemeinderates“, heißt es im Brief an den Papst. Nüchtern beschreiben die Pfarrgemeinderäte, wie es kam: Bis 1995 gab es noch zwei Seelsorger für Feldkirchen und für das benachbarte Goldwörth. Der Kaplan kam weg, Pastoralassistent Thomas Hofstadler übernahm Aufgaben. Pfarrer Josef Pesendorfer hatte mit großen gesundheitlichen Problemen zu ringen. Im Sommer 2006 wurde ihm ein neues Herz transplantiert. In beiden Pfarren war der Pfarrgemeinderat gefordert. Und in beiden Pfarren gibt es jetzt ein Seelsorgeteam.
Mit Brüdern und Schwestern. „Die Berufung der Sieben trägt.“ Unter diesem Leitwort aus der Apostelgeschichte ließen sich die Pfarrgemeinderäte bei einer Klausur im Stift St. Florian auf dem Weg zu einer Lösung für die Zukunft leiten. Alle spürten damals: Es liegt an uns, wie es weitergeht. „Von vorneherein war es uns klar, dass in die Leitung der Pfarre ,Brüder und Schwestern‘ zu berufen sind“, heißt es im Brief an den Papst, denn „auch im PGR arbeiten wesentlich mehr Frauen als Männer mit“. Aus dem Kreis der Pfarrgemeinderäte wurden – wie in der Apostelgeschichte – Frauen und Männer ausgewählt, die bereit waren, sich den neuen Aufgaben zu stellen. Eine Frau und zwei Männer übernahmen Wortgottesdienste, der Pastoralassistent begann die Begräbnisleiterausbildung. Die Bewährungsprobe kam bald: Pfarrer Pesendorfer musste immer wieder und für länger ins Spital. Dass er jetzt seinen sakramentalen priesterlichen Dienst in den beiden Pfarren weiter leisten kann, ist durch die Seelsorgeteams möglich geworden. Dennoch müssen oft Priester von auswärts organisiert werden. Jeden zweiten Sonntag werden (nur) Wortgottesfeiern gehalten. Die Pfarrangehörigen haben Verständnis für die Veränderungen in der Pfarre. Über die Pfarrnachrichten und auf wöchentlichen Verkündzetteln werden sie regelmäßig am Laufenden gehalten. Das Pfarrleben in seiner Vielfalt zu erhalten, wird als ein zentrales Ziel gesehen.
Sorgen bleiben. Einer der Wortgottesdienstleiter, Wolfgang Reisinger, von Beruf Journalist, drückt es aus: „Wir erfüllen unsere Aufgabe gern. Die Menschen schätzen es, und es bringt auch für uns persönlich viel. Aber wir sind berufstätig. Ein Seelsorger, der ganz für die Menschen da sein kann, wird trotzdem wichtig sein.“ Im Brief an den Papst findet diese Sorge klar Ausdruck: „Werden wir in unserer Pfarre in fünf oder zehn Jahren die heilige Eucharistie feiern? Was wird an hohen Festtagen in der Kirche sein? Und wer wird in einigen Jahren Sakramente spenden?“
Neuer Aufbruch. Doch Feldkirchen kann dem Papst auch Erfreuliches berichten: „Noch nie haben so viele Laien aktiv mitgearbeitet. Vielleicht ist das genau der Aufbruch, der Not tut.“ Der Brief an den Papst schließt mit dem Satz: „Denn dein Wille geschehe – denn dann kommt dein Reich.“
Hoffen auf Antwort. Gertraud Allerstorfer weiß zwar nicht, ob der Papst persönlich alle diese Briefe lesen kann. Aber jemand im Vatikan wird es tun, wird ihm das Wichtige berichten. „Wir brauchen eine Vergewisserung, ob es recht ist, wie wir mit unserer Situation umgehen.“ In Feldkirchen wollen die Pfarrgemeinderäte mit der Kirche und ihrer Leitung die Pfarre gestalten. Sie hoffen aber auch umgekehrt auf ein Mitgehen der Kirche mit den Sorgen vor Ort.
Wörtlich
Es ist nicht recht, dass wir das Wort Gottes vernachlässigen und uns dem Dienst an den Tischen widmen. Brüder, wählt aus eurer Mitte sieben Männer von gutem Ruf, und voll Geist und Weisheit, ihnen werden wir diese Aufgabe übertragen!
Diese Stelle aus der Apostelgeschichte bildete den Einstieg, als die Pfarrgemeinderäte von Feldkirchen/D. über die Zukunft in ihrer Pfarrgemeinde nachdachten. Am 7. Februar werden Briefe zur Apostelgeschichte aus rund 650 österreichischen Pfarren in Rom an Papst Benedikt übergeben.