Ausgabe: 2007/31, Mariazell, St. Lambrecht, Basilika, Benediktinermönch, Magnus
03.08.2007 - P. Karl Schauer OSB
Was vor 850 Jahren mit der schlichten Zelle des Benediktinermönchs Magnus aus St. Lambrecht begann, steht heute als beeindruckende Basilika auf dem Platz. In ihrem Zentrum die alte Gnadenstatue aus Lindenholz: Maria, die auf Christus zeigt.
Mariazell feiert heuer sein 850-Jahr-Jubiläum. Immer wieder werde ich gefragt, warum Mariazell so ein bedeutender Wallfahrtsort ist, was sich hier Wundersames ereignet hat, weshalb seit Generationen Menschen aus vielen Ländern hierher pilgern, was denn das Geheimnis dieses Ortes sei? Und in letzter Zeit läuft es oft auch auf die Frage hinaus, warum denn Papst Benedikt XVI. heuer nach Mariazell als Pilger kommt?
So gut gefallen. Wahrscheinlich ist es am besten, den Papst selbst zu Wort kommen zu lassen, um das „Geheimnis“ von Mariazell ein wenig zu umschreiben. Beim Fernsehinterview mit deutschsprachigen Sendern im August 2004 überraschte der Papst viele, als er auf die Frage, ob er denn nicht Mariazell besuchen werde, antwortete: „Es hat mir so gut gefallen dort, dass ich gesagt habe: Ja, zur Magna Mater Austriae komme ich wieder.“
Etwas berührt. Damit ist schon ein wichtiger Hinweis gegeben, der – so scheint es – auf alle Mariazell-Pilger zutrifft: es ist letztlich eine Sache des Herzens, dass zehntausende Pilger jahrein jahraus, oft über mehrere Tage zu Fuß, hierher kommen, um bei der Gnadenmutter zu danken und zu bitten. Papst Benedikt zählt nicht zu jenen Pilgern, die schon oft hier waren. Er hat diesen Wallfahrtsort eigentlich sehr spät entdeckt, genau am 2. Oktober 2004. Damals kam er als Präfekt der Glaubenskongregation anlässlich einer Wallfahrt mitteleuropäischer Notare erstmals nach Mariazell. Es dürfte diese erste und bislang einzige Mariazell-Wallfahrt etwas im Innersten des Heiligen Vaters berührt haben, das schwer erklärbar ist. Vielleicht hat der Papst hier vor drei Jahren etwas entdeckt, das mit seiner Herkunft zu tun hat, mit den Wurzeln seines Glaubens und seines Kircheseins und auch mit seiner theologischen Konzeption und Dimension?
Ausdruck des Glaubens. „Ich war überrascht von der Pracht, die sich hier entfaltet hat, aber auch von der Demut und Liebenswürdigkeit des Gnadenbildes“, gestand Kardinal Ratzinger nach seiner ersten Mariazell-Wallfahrt 2004. Die großartige Architektur der Wallfahrtskirche, die Ausdruck der Ästhetik der Vergangenheit und der Gegenwart ist, und die atemberaubende theologische Konzeption des Kircheninneren sind sicher ein Musterbeispiel für die „Schönheit des Glaubens“, von der Papst Benedikt oft spricht. Er meint damit zuallererst die Fülle des Glaubens, den die Kirche als Schatz hütet und von Generation zu Generation weitergibt. Dieser Glaube wird in der katholischen Kirche aber nicht allein durch das Wort verkündet, sondern spricht alle Sinne des Menschen an. Gerade unsere Heimat ist seit jeher berühmt für Meisterwerke der sakralen Kunst, ob in der Musik, in der Malerei oder in der Architektur.
Auf Christus schauen. Kirchen sind Gesamtkunstwerke des Glaubens und Teil unserer Identität, in besonderer Weise trifft das auf die Wallfahrtskirche von Mariazell zu. Weit mehr als eine Million Menschen kommt jedes Jahr nach Mariazell und für viele eröffnet die äußerliche Schönheit dieser Basilika inmitten der von Gott erschaffenen Natur auch einen Weg in das Innerste der eigenen Existenz und führt vielleicht zu einer Begegnung mit Gott. Ganz besonders dann, wenn der Pilger sich von der schlichten romanischen Marienstatue aus Lindenholz leiten lässt. Diese Gnadenstatue zeigt Maria, wie sie mit der Hand auf ihr Kind, Jesus Christus, zeigt. Die Aussage kann für Gläubige kaum klarer und einladender sein: Auf Christus schauen! Er ist das Zentrum des Glaubens und die Mitte des Lebens. Er ist der Weg, die Wahrheit und das Leben. Ihn gilt es zu bezeugen, wenn die Pilger wieder in den Alltag des Lebens heimgekehrt sind.
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Stichwort
Seit 15 Jahren ist P. Karl Schauer vom Stift St. Lambrecht Superior von Mariazell. Mit Hilfe großzügiger Spender/innen und eines tatkräftigen Unterstützungsvereins hat er in dieser Zeit die Basilika von Grund auf restauriert und die Plätze rund um das Wallfahrtszentrum neu gestaltet. Er kennt aber nicht nur jeden Winkel der Basilika, sondern vor allem die Menschen, die hierher kommen – mit ihren Sorgen und ihrer Dankbarkeit. Für die österreichischen Kirchenzeitungen geht er der Frage nach, warum Menschen nach Mariazell pilgern.