Dr. Walter Wimmer: Diözese Linz hat Krisenzeiten gut bewältigt
Ausgabe: 2008/15, Priesterrat, Priestersprecher, Wimmer, Priester, Seelsorger, Entwicklung, Kirche
09.04.2008 - Matthäus Fellinger
20 Jahre war der Linzer Pfarrer Dr. Walter Wimmer Sprecher des Priesterrates in der Diözese Linz. Am 3. April verabschiedete er sich von der Vollversammlung.
Wenn Sie heute entscheiden wollten, ob Sie Priester werden möchten: Würden Sie es wieder tun? Dr. Walter Wimmer: Meine Entscheidung von damals bereue ich nicht. Vielleicht würde ich manches mehr hinterfragen. Ich habe aber meinen Beruf als sinnvoll und erfüllend erlebt und bin eigentlich sehr zufrieden. Auch jetzt bin ich sehr gern Pfarrer.
Manche Priester klagen, sie fühlten sich als Manager missbraucht, dabei wollten sie Seelsorger werden. Ich würde das nicht gegeneinander ausspielen. Seelsorge braucht gute Rahmenbedingungen. In einer Pfarre bin ich verantwortlich, dass ich das Leben fördere und dass die Charismen der Mitarbeiter/innen ernst genommen werden. Dazu braucht es Strukturen und Entscheidungsgremien. Natürlich soll Platz und Zeit bleiben für seelsorgliche Begleitung und für persönliche Beziehungen, die auch ein Priester braucht. Aber ich möchte das nicht eng geführt sehen. Auch, was ich vom Schreibtisch aus mache, kann Seelsorge sein.
Sie haben Ihr Amt in einer krisenbewegten Zeit ausgeübt: Wie beurteilen Sie die kirchenpolitische Entwicklung in Österreich? Ich denke, dass die Diözese Linz diese Krisen gut überwunden hat. Ein Spezifikum unserer Diözese und ein Stück echter christlicher Kultur ist ein offener ehrlicher Dialog. Den haben wir geführt, nicht immer zum Gefallen all jener, die weiter oben das auch verspürt haben. Ich bin überzeugt, dass der Dialog nirgendwo in Österreich so offen und ehrlich ist wie in der Diözese Linz. Wir leben in einer Achsenzeit, die ganz große gesellschaftliche Umwälzungen mit sich gebracht hat. Da bloß die Schuld bei der Kirche zu suchen, würde uns ein falsches schlechtes Gewissen machen. Die Kirche habt selbst auch Fehler gemacht – die falschen Bischofsernennungen etwa. Leider kam für diese Kartage der Kirche Österreichs von obersten Stellen nie ein Eingeständnis oder gar eine Entschuldigung. Zugleich aber meine ich, es wäre völlig falsch, die Probleme nicht zu sehen. Wir müssen das heute im Kirchenrecht Mögliche ausschöpfen, etwa mit den verschiedenen Leitungsmodellen von Pfarren, die die Diözese Linz beschlossen hat. Hier wirken Priester und Laien in fruchtbarer Weise zusammen. Wir brauchen freilich auch Priester, wir wollen Priester, und wir werden nicht locker lassen auch wie die Witwe im Evangelium an die Türen Roms zu klopfen, unsere Realitäten ernst zu nehmen und auch andere Möglichkeiten, priesterlichen Daseins in Erwägung zu ziehen.
Wäre aus Ihrer Sicht denkbar, dass das Priesteramt mit anderen „Brotberufen” verknüpft ist? Grundsätzlich ja. Zurzeit muss fast jeder Priester Pfarrer sein. Nicht alle haben die Qualifikationen, die in einer großräumigen Seelsorge erwartet werden, wo es auch organisatorisches Talent braucht. Es gibt durchaus auch priesterliche Berufungen, die sich in einem anderen Umfeld bewähren können.
Woraus schöpfen Sie als Priester Kraft? Für mich hat die Person Jesu Christi an Faszination nie verloren. Er ist es, der mich trägt und hält. Auf meinem Primizbild steht ein Vers, der mich heute noch trägt: „Wer nicht liebt, hat Gott nicht verstanden, denn Gott ist die Liebe.“ (1 Joh 4,8).
Zum Thema
Dr. Walter Wimmer
Walter Wimmer (64) stammt aus der Pfarre Gunskirchen. Er studierte Theologie in Rom. Nach der Priesterweihe und nach dem Doktoratsstudium 1969 war Wimmer Kaplan in Schwanenstadt und Linz-Hl. Familie. Dann wurde er Spiritual im Linzer Priesterseminar und a.o. Professor an der Kath.-Theol. Hochschule Linz (bis 1987). Seit 1984 ist Wimmer Pfarrer in Linz-St. Konrad. Bereits 1976/77 war Wimmer Kaplansvertreter im Priesterrat. 1988 wurde er zum Sprecher des Priesterrates gewählt. Für drei weitere Funktionsperioden wurde er wiedergewählt. Der Priesterrat wurde nach dem Konzil als Beratungsgremium des Bischofs eingeführt. Nach der Synode (1970 bis 1972) kam der Pastoralteams dazu.
Priesterrat wird kleiner. Bei der jetzigen Vollversammlung hat der Priesterrat eine den heutigen Gegebenheiten entsprechende Verkleinerung des Priesterrates beschlossen. Nicht mehr jedes Dekanat wird einen eigenen Vertreter entsenden. Es werden 21 Wahlkreise festgelegt, sodass das Gremium um ein Drittel auf rund 40 Mitglieder verkleinert wird.