Ganze Ladungen noch verpackter Lebensmittel landen in den Müllcontainern. So erzählt einer, der regelmäßig zu noch nachtschlafener Zeit unterwegs ist und manches, was bei Tageslicht schon verschwunden ist, beobachtet.
„Frische ist ein Muss und zwar bis Ladenschluss.“ Mit diesem Slogan wirbt Penny. Aber auch andere Lebensmittelmärkte handeln getreu diesem Motto. Was aber am Abend noch frisch ist, kann am Tag danach schon alt aussehen, zumindest in einer Gesellschaft, die die Mindesthaltbarkeit für das Ablaufdatum eines Lebensmittels hält. Was macht der Handel tatsächlich mit Lebensmitteln, die ein baldiges Ablaufdatum haben? Was, wenn Obst eine Druckstelle hat?
Privathaushalte werfen am meisten weg. In Oberösterreich, darauf wies Landesrat Max Hiegelsberger hin, landen jährlich 7000 Tonnen originalverpackte Lebensmittel im Müll. Der weitaus größte „Lebensmittel-Müll“ fällt in Privathaushalten an – 61 Prozent, wie eine deutsche Studie ausweist. Gaststätten, Schulen und Kantinen einerseits sowie die Industrie andererseits sind für jeweils 17 Prozent verantwortlich. Die restlichen 5 Prozent fallen im Einzelhandel an. Die Universität für Bodenkultur errechnete dagegen 20 Prozent Wegwerf-Lebensmittel im Einzelhandel. Der oö. Haushalt wirft im Jahr mindestens 30 Kilo Lebensmittel weg. Ein Grund sind Lockangebote: Kauf drei, zahl zwei! – In Wien landet täglich so viel Brot und Gebäck im Abfall wie Graz an einem Tag braucht.
Mindesthaltbarkeit. Im Internet gibt es das Informationsangebot öko-fair (www.oeko-fair.de). Dort wird auch die Vernichtung von Lebensmitteln durch den Einzelhandel angesprochen. Wenn etwa Ware nicht deutlich vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums verkauft werden könne, werde sie entsorgt. Dazu passt die Beobachtung eines KirchenZeitungs-Lesers vom letzten Samstag Nachmittag: Im Kühlregal eines Supermarktes lag viel Frischfleisch mit knappem Mindesthaltbarkeitsdatum. „Was werden die damit machen?“, fragte er sich. Achtsamkeit und Notwendigkeit. Die Antworten der großen Handelsketten dazu fallen ziemlich einheitlich aus: Sie trachten, möglichst wenig Lebensmittel aussortieren zu müssen! „Für uns“, so sagt etwa Mag. Alexandra Seyer vom Diskonter Hofer, „ist der sorgsame Umgang mit Waren und möglichen Überschussen auch ein Muss der Niedrigpreis-Geschäftspolitik.“ „Lediglich nicht mehr zum Verzehr fähige Ware müssen wir vernichten.“ Brot und Gebäck werde reduziert abverkauft. Unverpackte Ware ermögliche es den Kunden, die benötigte Menge selbst zu bestimmen. Die Geschäfte, die Pfeiffer beliefert (Nah & Frisch), reduzieren ablaufgefährdete Lebensmittel rechtzeitig, versichert Ernst Richtsfeld, Leiter Vertrieb und Marketing von Pfeiffer. Bei Obst und Gemüse mehr. Billa, so Vorstand Frank Hensel kürzlich, „wirft so wenig wie möglich weg. Über das gesamte Sortiment gesehen liegen wir im Handel bei zwei Prozent, in manchen Produktgruppen wie etwa bei Obst und Gemüse ist es mehr.“ „In Summe“, so nimmt die Sprecherin von SPAR, Mag. Nicole Berkmann, Stellung, „werden unter ein Prozent der Produkte tatsächlich weggeworfen.“ Bei Brot und Gebäck seien die Backstationen hilfreich. Bei Milch und Milchprodukten helfen die langen Haltbarkeitsfristen. Was bei Feinkost, Fleisch und Fisch übrig bleibe, müsse aus lebensmittelrechtlichen Bestimmungen teilweise entsorgt werden. Auch aussortiertes Obst und Gemüse sei nicht mehr zum Verzehr bestimmt.
Bevor die Ware verdirbt
Was tun die großen Handelsketten mit Lebensmitteln, die noch genießbar sind, aber aussortiert werden müssen, etwa um zu verhindern, dass sie weggeworfen werden (müssen)? Nah & Frisch. Viele Händler geben Lebensmittel, sollten sie trotz frühzeitiger Preisreduktion ablaufen, an bestimmte Kunden stark verbilligt und teilweise auch kostenlos.
Hofer. Seltene Überschüsse bei Obst und Gemüse würden landwirtschaftlichen Betriebe, Energieerzeugern und karitativen Einrichtungen zur Verfügung gestellt. Hofer hat laut Mag. Alexandra Seyer zudem eine „intensive Zusammenarbeit mit pro mente OÖ, an die Lebensmitel und andere Produkte wie Bekleidung und technische Geräte kostenfrei abgegeben werden“. Dies bestätigt Dr. Günter Miniberger von der pro mente UserInnen-Organisation „Strada“, die die Läden in Linz und Wels betreibt, in denen pro mente-Klient/innen einkaufen können: Die Läden erhalten von Hofer Warenmuster, der Linzer Markt wird auch mit Lebensmitteln – oft lange vor dem Erreichen des Mindeshaltbarkeitsdatums – versorgt. Die geschenkte Ware wird zweimal in der Woche in der Hofer-Zentrale Sattledt abgeholt. Billa. Billa sei bemüht, Lebensmittel, bevor sie verderben, an Bedürftige abzugeben, erklärte Vorstand Frank Hensel.
Spar. 119 von 121 Standorten in Oberösterreich haben laut der Unternehmenssprecherin Mag. Nicole Berkmann, Verträge mit sozialen Einrichtungen. Berkmann nennt als Beipiele SOMA Gmunden, SOMA Linz, SOMA Mondseeland, Verein Lebensmittelladen Kirchdorf, Fürstenzeller Tafel e. V., Coop Hilfe Markt Traun, Arnsdorfer Tafel, verschiedene Rot-Kreuz-Stellen (Team Österreich-Tafel). Auf die Frage, ob solche Ware auch an Mitarbeiter/innen abgegeben werde, sagt man Nein und verweist auf schlechte Erfahrungen einer früheren Praxis, als man übrig gebliebene Lebensmittel an Mitarbeiter/innen abgab: „Es hat sich herausgestellt, dass die Mitarbeiter dann dazu neigen, zu viel zu bestellen oder herzustellen. Das ist menschlich und verständlich, aber betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll.“