Die Stimmen der Frauen, die die Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche einforderten, sind beim Konzil untergegangen. Die Linzerin Maria Prieler-Woldan geht diesen Vordenkerinnen der Kirche nach.
Am Abend vor der Eröffnung des Zweiten Vatikanischen Konzils geben die deutschen Bischöfe eine Pressekonferenz, um Organisation und Ablauf der Versammlung zu erklären. Die Journalisten brechen in Lachen aus, als auf die Frage einer jungen Frau, ob auch Frauen zum Konzil eingeladen sind, ein Bischof schlagfertig antwortet: Vermutlich beim Dritten Vatikanischen Konzil. Die Fragestellerin, Josepha Theresia Münch (geb. 1930), war Theologin und wusste natürlich, dass keine Frauen eingeladen waren, sie wollte aber auf diesen Missstand aufmerksam machen. Münch gehörte zu einer Handvoll deutschsprachiger Frauen, die schon in der Vorbereitungsphase des Konzils und dann während des Verlaufs – mit schriftlichen Eingaben – auf die fehlende Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen in der Kirche aufmerksam machten. Die gewichtigste Stimme hatte die Schweizer Juristin Gertrud Heinzelmann (1914 bis 1999). Bekannt sind auch Iris Müller (1930 bis 2011) und Ida Raming (geb. 1932), die sich 2002 zu Priesterinnen weihen ließen. Anfangs voneinander unabhängig forderten sie die Zulassung der Frauen zum Priesteramt. Es ging auch um eine Änderung jener Canones des Kirchenrechts, in denen die Frauen diskriminiert wurden. „Der deutschsprachige Raum war der Kristallisationspunkt für die Anliegen der Frauen“, erklärt Prieler-Woldan: „In den Konzilstexten die Früchte der Bewusstseinsarbeit dieser Frauen zu finden, ist aber schwierig.“ Denn eine offizielle Antwort bekamen sie nie, einzig Kardinal Augustin Bea hat auf die Kirchenrechts-Eingabe positiv reagiert. In ihren Recherchen geht Prieler-Woldan jedenfalls den spannenden und heute weithin vergessenen Spuren der „Konzilsfrauen“ nach.
Frauen in der Konzilsaula. Die Frauen wurden im Lauf des Konzils aber doch entdeckt. Bei der dritten Konzilssession 1964 berief Papst Paul VI. die ersten Frauen als Zuhörerinnen und Beobachterinnen. Nicht dabei waren Heinzelmann und ihre Mitstreiterinenn. Was sich seit dem Konzil praktisch in der „Frauen-Frage“ bewegt hat, zeigt das Statement von Sissy Kamptner (rechts).
Impuls
Ich bin eine Frucht des Konzils
„Was meinen Beruf betrifft, bin ich eine Frucht des Konzils“, sagt Mag. Sissy Kamptner. Sie leitet als Pfarrassistentin mit Pfarrmoderator Alfred Habichler die Pfarre Steyr-Christkindl. „Allein dass mich mein Religionslehrer im Gymnasium gefragt hat, ob ich Theologie studieren will, hat vermutlich mit dem Konzil zu tun.“ Mit Begeisterung hat sie dann in Salzburg Theologie studiert und bis heute brennt in ihr das Feuer der Begeisterung für das Evangelium und für ihre Arbeit in der Kirche, betont sie.
Gleichstellung strahlt aus. „Als ich mit 30 Mitte der 1980er Jahre in der Kirche zu arbeiten begonnen habe, war ich überzeugt: Die Frage der Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau in der Kirche ist bei meinem 50. Geburtstag erledigt.“ – Jetzt hat sie aber doch die Frist bis zu ihrem 70. Geburtstag verlängert, erzählt sie mit einem Augenzwinkern: „Ich habe die tiefe Zuversicht, dass der Geist Gottes eine Veränderung bringen wird. Da meine ich nicht nur den Bereich des Weiheamts. Es geht um mehr – nämlich dass die Gleichberechtigung von der Kirche in die ganze Gesellschaft ausstrahlt.“