KOMMENTAR_
Zu „Umbenennung“ in Ausgabe 1:
Die schärfsten Messer unsere Zeit wetzen die Historiker:innen, und gnadenlos ist ihr Urteil, wer kann da noch bestehen? Das muss auch Bischof Gföllner erfahren. Mit dem Seziermesser von 2022 werden Ereignisse und Äußerungen von 1933 beurteilt.
Als Nicht-Historiker nehme ich an, dass wohl der Kontext und das Umfeld von damals beachtet wurden. [...] Die Linie, die gezogen wird von Gföllners Hirtenbrief 1933 zur Verurteilung des Linzer Arztes Dr. Richter im Jahr 1937 (und dessen Suizid) bleibt für mich uneinsichtig. 1935 kamen die Nürnberger Rassengesetze, 1938 die Reichspogromnacht: Die Judenhetze wurde von Jahr zu Jahr immer bedrohlicher. Der römische Staatsmann Cato schrieb: „Es ist schrecklich, sich vor einer Generation rechtfertigen zu müssen, die nicht mit uns gelebt hat.“ Wie werden kommende Generationen über uns urteilen, die wir sehenden Auges unseren Planeten Erde dem Untergang preisgeben?
Pfarrer Karl Niederer, Graz
Zu „Eine Scheu, die eigene Geschichte aufzuarbeiten“ in Ausgabe 2
Ich möchte mich bedanken: bei der Kirchenzeitung für die ausführliche und informative Berichterstattung über die NS-Debatte in Peuerbach. Und bei Wilhelm Achleitner und den anderen Mitgliedern der vom früheren Bürgermeister eingesetzten Arbeitsgruppe für ihr konsequentes Engagement. Dieses Engagement hat erreicht, dass trotz der ausgeprägten „Scheu, die eigene Geschichte aufzuarbeiten“, nun endlich erste Schritte gesetzt werden sollen. Unverständlich ist mir allerdings die Aussage von Pfarrer Hans Padinger, die Überprüfung aller Namen auf der Gefallenen-Gedenktafel sei als „Generalverdacht“ abzulehnen. Abgesehen davon, dass der Vorschlag zu dieser Überprüfung meinen Informationen nach vom Kameradschaftsbund gekommen ist, war der Angriffskrieg Hitler-Deutschlands vor allem in Polen und der Sowjetunion auch ein rassistischer Vernichtungskrieg. SS und Wehrmacht haben in diesem Krieg viele Millionen Menschen ermordet. Die Wahrscheinlichkeit, dass auf der Gedenktafel mehrere Personen genannt werden, die an den NS-Verbrechen aktiv beteiligt waren, ist damit hoch. Auch wenn es nicht um Täter von der Dimension eines Sammern-Frankenegg geht, der 300.000 Jüdinnen und Juden in die Vernichtungslager deportieren hat lassen. Angesichts der historischen Fakten gibt es jedenfalls keinen Grund, wegzuschauen und auf eine Überprüfung zu verzichten.
Dr. Robert Eiter, Vorstandsmitglied des Mauthausen Komitees Österreich und Sprecher des OÖ. Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus
Mit der Aufarbeitung der Geschichte allgemein stehen wir auf der ganzen Welt erst am Anfang einer notwendigen Entwicklung. Und dazu reicht es nicht, Namen von Kriegsverbrechern einfach zu ignorieren, um sie aus dem Gedächtnis zu streichen. Davon hat die Nachwelt nichts und es hilft nicht dabei, Zukunft friedvoll zu gestalten. Weiß jemand, ob und welche „Verbrechen“ Männer als Soldaten in ihrem Überlebenskampf begangen haben, deren Namen auf Kriegerdenkmälern stehen? Kann jemand in die Seele derer schauen, die auf Schlachtfeldern gestorben sind? Es wäre an der Zeit, bestehendes Wissen über Geschichte weiterzugeben und nicht immer noch zu vertuschen! Ja, es ist keine leichte Kost, aber auch Kriegsverbrecher waren Menschen unter Menschen, die damaligen politischen, wirtschaftlichen oder sozialen Umständen blauäugig verfallen sind.
Dipl.-Päd. Karl Glaser, St. Peter/Hart
In einem Interview mit den Salzburger Nachrichten (13. 1. 2023) fordert Erzbischof Franz Lackner eine Neudefinition der Priesterrolle mit den Worten: „Die Rolle der Priester hat sich geändert. In erster Linie müssen diese für die sakramentale Arbeit da sein. Dem Spirituellen können sich auch die Laien widmen. Die machen das teilweise besser.“ Man fragt sich: Welches Verständnis von Spiritualität kommt da zum Ausdruck? Als wäre diese ein Aufgabenfeld neben vielen anderen. Spiritualität, geistliches Leben, ist die Grundlage jedweder Seelsorge und Pastoral. Ohne sie wird zum Beispiel Liturgie schnell zu einem seelenlosen Tun. Wir alle kennen Menschen, die durch ihre innere Haltung, ihre Worte, ihren Einsatz etwas vom Geist Jesu erfahrbar machen, wer immer sie auch sein mögen.
Vitus Kriechbaumer, Bad Schallerbach
Im „Ersten Stock“ der Kirche wird eifrig getagt, referiert, Umfragen gehalten und Synoden einberufen, während sich im Parterre langsam die Wohnungen leeren, weil sie ungemülich wurden, das heißt nicht mehr unserem Lebensgefühl entsprechen. Das „aggionarmento“ ist auf der Strecke geblieben.
Mag. Theol. Wolfgang Hingerl, per E-Mail
[...] In unzähligen Veranstaltungen wird über die künftige Struktur der Pfarren vorgetragen und diskutiert. Überlegungen über die persönliche Situation der Menschen, in diesem Fall der Pfarrer, scheint es nichts zu geben. Alle Pfarrer sind mehr als ausgelastet und oft auch von der Fülle der Aufgaben überlastet. Viele wären bereit zu helfen, konnten aber nicht aufgrund der absolut katastrophalen Organisationsstruktur und Aufgabenverteilung. Wenn nicht bald für Frauen und Männer mehr Kompetenzen kommen, ist es mit der Kirche in der derzeitigen Form vorbei. Nicht nur, dass der Kirchenbesuch zurückgeht, auch wird sich niemand mehr finden, um mitzuarbeiten. Keiner fühlt sich ernst genommen, was sich auf die Motivation und damit auf die Bereitschaft mitzuarbeiten auswirkt.
Es gibt in unserer Umgebung einige Frauenklöster, wo Ressourcen seelsorglicher Art vor sich hinschlummern. Wer sich jetzt noch auf die Traditionen, Kirchengesetze und unumstößlichen Überlieferungen ausredet, ist kein Freund der Kirchen. [...]
Friedrich Kühleitner, Aurach am Hongar
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