KOMMENTAR_
Kommentatoren wird oft vorgeworfen, nur das Negative zu sehen. Versuchen wir es also anders: Schon zum zweiten Mal hatte vergangene Woche die Bevölkerung die Gelegenheit, die Bundesverfassung besser kennenzulernen. Im Zuge des Zerbrechens der Regierung Kurz I 2019 betraf das jene Artikel, die auch in politischen Krisen eine Regierungsbildung ermöglichen. Jetzt, während der Regierung Kurz II, ist es Absatz 2 des Artikels 146 im Bundes-Verfassungsgesetz: Erfüllt jemand die Anordnungen des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) nicht, muss der Bundespräsident einschreiten. Minister Gernot Blümel hat Informationen nicht zeitgerecht geliefert. Hätte er es getan, wir hätten wohl nie erfahren, welch „elegante“ Lösung unsere Verfassung bereithält ...
Stopp – das ist jetzt nicht mehr Ironie, sondern schon Zynismus. Natürlich ist es zum Schämen, wenn VfGH-Erkenntnisse nicht zeitgerecht umgesetzt werden. Die von Blümel ins Treffen geführten Datenschutzgründe ändern daran nichts, weil das Erkenntnis des VfGH vom 3. März (!) unmissverständlich war. Wenn man etwas Positives in der Causa sehen will, dann die Tatsache, dass die rechsstaatlichen Schutzmechanismen noch funktionieren. Das Traurige ist aber, dass es in diesem Land Politiker gibt, die es offenbar darauf ankommen lassen. Das sind wir in Österreich nicht gewohnt – und wir sollten uns auch nicht daran gewöhnen.
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