KOMMENTAR_
Wir rauften oft und laut. Meinem großen Bruder verdanke ich, dass ich von Kindheit an übte, mich gegen jemanden körperlich Überlegenen zu behaupten. Dass ich diese Kunst einige Jahre später, als junge Erwachsene, wirklich brauchen würde, wusste ich da noch nicht. Der Mann, der sich mithilfe einer Lüge Zutritt zu meinem Studentenzimmer verschafft hatte, wollte mehr Nähe von mir als ich von ihm. Da kam mir, gemeinsam mit meinem Sturschädel, meine alte Erfahrung im Raufen zu Hilfe. Ich konnte mich einer unangenehmen Situation entziehen. (Und bin sicher, dass da noch ein höherer Beistand dabei war.) Dennoch fühlte ich mich schuldig, dass ich mich in die Situation gebracht hatte. Und erzählte niemandem davon. Mit großer Wahrscheinlichkeit werde ich nicht dafür in der Hölle schmoren, dass ich die Absicht des Studienkollegen nicht richtig eingeschätzt hatte, sondern dafür, dass es niemand erfuhr. Viele Jahre später traf ich in einer fremden Stadt eine fremde Frau, und warum auch immer kamen wir auf den betreffenden Kollegen zu sprechen. Er wirkte inzwischen als Seelsorger in einem Studentenheim und zahlreiche Gerüchte umgaben ihn.
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