KOMMENTAR_
Auf einmal lag es auf der Sofalehne, das kleine, rote Filztäschchen. Der Aufdruck darauf besagte, dass es Instrumentenseiten enthielt ... und richtig: In den vergangenen Wochen hielten sich zeitweise zwei Geigen samt Koffer in unserem Wohnzimmer auf. Trotzdem konnten wir noch nicht herausfinden, wem das Täschchen gehört. Ähnlich verhält es sich mit den Socken mit blauen Sternen und mit dem weißen Kuchenteller. Die schwarze Jacke im Vorraum hat sich schon gut eingelebt. Wäre sie weg, ich würde sie vermissen. Vom Künstler Herbert Friedl stammt das Buch „Auch Dinge haben ihre Tränen“. Es ist ein trauriges Buch, weil es das ehemalige Konzentrationslager Mauthausen zum Thema hat. Doch er hat recht: Dinge haben ihre Tränen. Und Dinge haben einen eigenen Charakter. Das Filztäschchen zum Beispiel heischt mit seinem koketten Rot nach Aufmerksamkeit. Es will gesehen werden und trotzdem nichts von seiner Herkunft preisgeben. Ich bin sicher: Es ist gekommen, um zu bleiben.
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