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Manche kirchliche Wortspenden treiben einem Stirnrunzeln ins Gesicht. Der Bischof von Chur, Joseph Maria Bonnemain, hat in den Raum gestellt, die Kirche könnte vom Begriff „Ehe“ abgehen. Hintergrund ist die anstehende Abstimmung in der Schweiz über die „Ehe für alle“, also auch für gleichgeschlechtliche Paare. Zur Unterscheidung von der staatlichen Ehe könnte die Kirche von „Liebe für immer“ oder „Bio-Ehe“ sprechen, meinte Bonnemain.
Ja, es gibt Unterschiede im Eheverständnis. Die Kirche sieht im Sakrament der Ehe keine Scheidungsmöglichkeit und beharrt auf der Offenheit von Mann und Frau für Nachkommen. Die staatliche Ehe ist in Österreich offen für gleichgeschlechtliche Paare und kennt die Scheidungsmöglichkeit. Obwohl „Kinder zu zeugen“ noch in der Ehe-Definition (§ 44) des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches steht, ist es herrschende juristische Meinung, dass vor dem Staat der Wille zur Nachkommenschaft kein zwingender Ehebestandteil mehr ist.
Brauchen wir deshalb einen neuen Ehe-Begriff in der Kirche? Vielleicht entspringt die Stilblüte „Bio-Ehe“ der Angst, die Kirche könnte in Erklärungsnot geraten. Aber warum? Wer eine Haltung hat, muss sie stimmig erklären können. Wer das nicht kann, muss seine Haltung auf ihre Vernünftigkeit hin überprüfen. Stattdessen an Begriffen herumzubiegen, ist kein Zeichen von Stärke.
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