KOMMENTAR_
Als Bußzeit – eine „Besserungszeit“ also – gilt der Advent nach kirchlicher Tradition. „Buße“ ist mit dem Wort „besser“ ja nahe verwandt. Was erwarten Sie? Womit kann ich Ihnen dienen? Was – und wie viel davon – darf es sein? Oft und oft werden solche Fragen an mich gestellt, alle darauf gerichtet, mich in meinen Ansprüchen zufriedenzustellen.
Gewöhnlich erblicke ich in einem Spiegel nur mich selbst: ob ich gut rasiert bin und die Haare in Ordnung sind, wie ich also selbst mit meinem Aussehen zufrieden bin.
Es wird Advent – und jetzt wird der Spiegel umgekehrt. Und dieser umgedrehte Spiegel lässt mich mit den Augen anderer auf mich schauen.
Da drehen sich auch die Fragen um: Was kann man von mir erwarten? Womit kann ich behilflich sein? Was – und wie viel davon – bin ich bereit zu geben? Jetzt holt mich der Spiegel aus der Enge des Schauens nur auf die eigenen Bedürfnisse und Eitelkeiten heraus. Wer ich in den Augen anderer bin, ist jetzt die Frage.
Ganz nämlich zeigt sich mein Bild erst, wenn ich mich nicht mit der Selbstbespiegelung begnüge, sondern den umgekehrten Spiegelblick wage: wer ich in den Augen anderer bin.
Immer mehr so zu werden, dass man von beiden Seiten ansehnlich lebt, wäre ein gutes, ein adventliches, also besseres Ziel. Gut möglich, dass jene besser mit sich selbst zurecht kommen, die ziemlich oft von sich selbst absehen, sodass andere mit Freude auf sie schauen können. Und ist nicht auch Gott ein anderer? Ein guter und lieber Mensch ist man eigentlich nur in den Augen anderer.
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