Lesen Sie alle Beiträge zum Schwerpunkt Brucknerjahr 2024
Andreas Neubauer ist Komponist, Pianist, Bandleader und Musikschullehrer. Auf die Frage, wie es ihm gehe, sagt er: „Es ist eigenartig. Ich erlebe die Einschränkungen als schmerzhaft, weil wenig Kontakte zu Freunden, meiner Mutter und meinen Schülern möglich sind, aber nicht als lebensbedrohend.“ Laufen habe ihm geholfen, den Kopf frei zu bekommen. Nicht immer ist das möglich. „Manchmal bin ich etwas verärgert, wenn kulturelle Aktionen nicht erlaubt, aber andere Dinge relativ problemlos möglich sind. Da habe ich das Gefühl, nicht in einem Kulturland zu leben. Ist der Terminus Kulturland nur ein schönes Schmuckstück? – Vielleicht sind wir ein ,Skiliftland‘?“, fragt sich Neubauer.
In den ersten Wochen und Monaten des Lockdowns war er damit beschäftigt, sämtliche Konzerte zu verschieben. Und dies nicht nur einmal. Dann hat er die frei werdende Zeit genützt, das Musical „Casanova“ zu komponieren. Das Libretto stammt von Friedrich Christian Zauner, der heuer seinen 85. Geburtstag feiert. Inhaltlich geht es um einen älteren Mann, der versucht, aus seiner ihm zugeschriebenen Rolle auszubrechen, aber immer wieder von seiner Vergangenheit eingeholt wird. Spannend war für Neubauer als Komponisten, dass er Casanovas Zeit entsprechend auch barocke Musik zitieren und verarbeiten sollte: „Das fand ich sehr reizvoll.“ Mittlerweile ist nach Online-Unterricht im Home-Office wieder Unterricht in der Musikschule angesagt. Als freischaffender Künstler und angestellter Musikschullehrer sieht er beide Seiten des Lockdowns und gibt unumwunden zu: „Ohne meine Anstellung ist ein Auskommen kaum möglich. Mein letzter Auftritt war im März 2020!“
Auch das Bruckner Orchester Linz (BOL) hatte schon wochenlang keinen öffentlichen Auftritt mehr. Was machen die Musiker/innen derzeit? – Norbert Trawöger, künstlerischer Direktor des BOL, berichtet: „Wir arbeiten in der Gegenwart an der Zukunft. In diesen Wochen nehmen wir unter der Leitung unseres Chefdirigenten Markus Poschner drei Sinfonien unseres Namensgebers in unserem Orchestersaal im Musiktheater auf. Diese hochkonzentrierte Arbeit hilft uns in diesen schwierigen Tagen des Stillseinmüssens sehr. Und ich darf bei aller Befangenheit sagen, von diesen Aufnahmen kann man sich Außergewöhnliches erwarten“, ist Trawöger voller Begeisterung und ergänzt: „Bis 2024 werden wir gemeinsam mit dem RSO Wien alle Bruckner-Sinfonien in allen Fassungen unter Poschner herausbringen.“ Ein ambitioniertes Ziel, das über Lockdown-Tiefen trägt und auf Anton Bruckners 200. Geburtstag vorbereiten soll.
Das Bruckner Orchester probt derzeit mit einem hochentwickelten Präventionskonzept, das unter anderem regelmäßige Testungen und Mundschutz umfasst. Für die nahe Zukunft hofft Trawöger, „dass sich die Nähe zu unseren Zuhörenden wieder mehr und mehr leben lässt. Ohne die Unmittelbarkeit – die wir alle so vermissen – ist ein Orchester in der Verbindung zu seinem Publikum verloren.“ Auch er kritisiert die unterschiedlichen Öffnungsschritte, die die Regierung vorgeschlagen hat: „Enttäuschend ist die Unverhältnismäßigkeit, mit der verschiedene Bereiche des öffentlichen Lebens unlogisch unterschiedlich geschlossen halten müssen. Ich wage zu behaupten, dass Theater und Konzerthäuser mit ihren ausgetüftelten Schutzmaßnahmen zu den sichersten Orten zählen, an denen man sich in der Pandemie aufhalten konnte, wie wir im Herbst vielerorts noch ausreichend bewiesen haben.“ Grundsätzlich plädiert Trawöger dafür, den Zusammenhalt zu stärken, die Kultur könne dazu einen wichtigen Beitrag leisten: „Zeiten der Unsicherheit sind immer wichtige Momente des Gestaltens. Wir sind gerufen, für einen breiten gesellschaftlichen Zusammenhalt viel Verbindendes zu finden und neu zu erfinden. Eine starke Kultur mit einer vielfältigen Kunstszene vermag dies spielerisch.“
Konzerthäuser sind für Besucher/innen zur Zeit noch geschlossen, Museen und Bibliotheken haben seit 8. Februar geöffnet. Auch an öffentlichen Gottesdiensten darf man nun wieder teilnehmen. – In Gottesdiensten darf jedoch nicht gesungen werden, maximal vier Instrumentalist/innen und die jeweiligen Kantor/innen dürfen aber für die Liturgie notwendige Dienste ausüben. Das Kirchenmusikreferat arbeitet hier an Konzepten, um mit Blick auf Karwoche und Ostern Musik im Gottesdienst zu ermöglichen. „Es gibt dazu Praxistipps für die musikalische Gestaltung, ebenso finden sich dort die jeweils aktuellen Bestimmungen für das Musizieren im Gottesdienst“, erklärt der Leiter des Kirchenmusikreferats, Andreas Peterl. Auch online kann man etwas für die Stimme tun: „Wir bieten einige unserer Fortbildungsveranstaltungen online an, unter anderem ,Chorische Stimmbildung/Einsingen‘ am 18. März 2021 mit Marina Ragger.“ Österreichweit arbeiten die Kirchenmusikreferate daran, ein Serviceportal mit einfachen Stücken für kleine Besetzungen für die Karwoche vorzubereiten, das ab Anfang März online abrufbar sein soll.
Noch weiter voraus blickt Helene Pürmayr, Leiterin des Brunnenthaler Konzersommers. Obwohl die Zeiten noch unsicher sind, ist der Konzertkalender bereits fixiert. „Bleiben wir optimistisch und hoffen wir, dass der Brunnenthaler Konzertsommer zur Gänze über die Bühne gehen kann“, meint Pürmayr. Heuer soll ein Jubiläum gefeiert werden. Am Do., 13. Mai, wird – in Erinnerung an das erste Orgelkonzert vor 40 Jahren – Organist Bernhard Prammer den Konzertsommer eröffnen. Das L'Orfeo Bläsernsemble unter der Leitung von Carin van Heerden wird am So., 1. August zu Gast sein. Die Musiker/innen kennt man übrigens auch vom gleichnamigen L'Orfeo Barockorchester. Insgesamt sind sieben Konzerte geplant. Möge die Übung gelingen!
Tipps: Kirchenmusikreferat, Tel. 0732 76 10-3111, www.kirchenmusikkommission.at
Lesen Sie alle Beiträge zum Schwerpunkt Brucknerjahr 2024
BÜCHER_FILME_MUSIK
KIRCHENZEITUNG 4 Wochen lang kostenlos kennen lernen. Abo endet automatisch. >>
MEIST_GELESEN