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Der Lehrgang „Musik und Gesang im Gottesdienst“ wurde 2021 erstmals an der Katholischen Privat-Universität angeboten. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Ewald N. Donhoffer: Die neun Teilnehmer:innen sind alle aus verschiedenen pastoralen Praxisfeldern gekommen. Viele haben sich bei ihrem Tun gefragt: Warum singen wir dies oder jenes so? Woher kommt das? Und wie erkläre ich meiner Pfarre, warum Qualität in der Liturgie wichtig ist? Wenn ich einen Text in der Liturgie nicht verstehe, weil er nicht gut vorgetragen wird oder die Tonanlage kaputt ist, dann macht das etwas mit der Feiergemeinde. Die Feier wird langweilig. Dasselbe gilt für Musik und Gesang.
Einerseits geht es um Qualität in der Liturgie, andererseits um konkrete Unterstützung für jene, die schon in den Pfarren tätig sind?
Donhoffer: Es geht hier um Erwachsenenbildung: Ich sehe mich an der Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis. Wir bieten einen Crashkurs für die Vielfalt der liturgischen Formen an, die es bei uns gibt: Eucharistie, Wort-Gottes-Feiern, Tagzeitenliturgie, Andacht, verschiedenste Kasualien. Wir vermitteln theologisches Hintergrundwissen für die Praxis und üben das. Das heißt, wir reden nicht nur über das Singen, wir tun es auch.
Sie haben die Qualität in der Liturgie angesprochen. Was meinen Sie damit?
Donhoffer: Wenn ich eine Botschaft verkünden will, dann reicht nicht der Inhalt allein, sondern auch die Form der Kommunikation – wie etwas gesprochen, gesungen oder gespielt wird – ist entscheidend. Musik spricht uns Menschen auf einer emotionalen Ebene an. Musik und Text sind verwoben. Musik kann Inhalte auf einer emotionalen Ebene transportieren. Es kommt von Herzen und möge zu Herzen gehen, möchte ich da frei nach Augustinus und Beethoven sagen. Wenn wir Musik beziehungsweise Kompositionen hören, dann hören wir den Abschluss eines mühsamen Prozesses, den die Komponist:innen hatten. Wir können das Ergebnis genießen. Die Mühsal vorher – das Komponieren am Schreibtisch – hören wir nicht.
Wie steht es um den Stellenwert von Musik und Gesang in den Pfarren mit Blick auf den Strukturprozess der Diözese Linz?
Donhoffer: Strukturell hat sich in puncto Musik und Gesang nicht viel getan. Wir steuern auf eine Kirche zu, die ehrenamtlich funktioniert. Überall heißt es: Ehrenamtliche vor! Ich erlebe bei den Studierenden, die sich in den Pfarren engagieren, beides: Die einen werden in den Pfarren unterstützt, die anderen müssen um alles kämpfen. Es macht mich fassungslos, mit welchen Schwierigkeiten Kirchenmusiker:innen bisweilen konfrontiert sind. Das reicht vom fehlenden Probenlokal bis zu Übeverboten an der Orgel.
Als Leiter des Kirchenmusik-Konservatoriums der Diözese haben Sie viel Einblick in die Diözese und in die Pfarren. Was fällt Ihnen da auf?
Donhoffer: Ich sehe, wie wichtig das Konservatorium für die Diözese ist und welch hohen Stellenwert Musik und Gesang für Studierende, die oftmals in Pfarren engagiert sind, haben. Gleichzeitig sehe ich, wie wenig Kunst und Musik in den Strukturen verankert sind. Ich habe den Eindruck, dass es noch weniger davon geben soll – und das in der Diözese Linz, die immer als so fortschrittlich galt! Wenn ich etwa nach Regensburg blicke, da wird Musik in der Liturgie, aber auch konzertant gefördert, weil man sieht und anerkennt, welchen Zulauf Kirche hat, wenn es gute Musik in den Kirchen gibt.
Bei Konzerten sind Kirchen voll, da gibt es reges Interesse, sonst laufen der Kirche die Mitglieder davon. Welche Schlüsse ziehen Sie daraus?
Donhoffer: Die Frage ist, was brauchen die Menschen wirklich? Gesellschaftspolitisch ist Kirche nicht mehr so wichtig, aber Kirchen sind Kulturhotspots in den Gemeinden. Die Orgel gehört der ganzen Gemeinde, das ist Kulturgut für alle und Kirchenchöre gibt es noch flächendeckend. Kunst und Kultur bieten einen Raum, wo Hoffnung möglich ist. Sie hält die Frage nach dem „Mehr“ offen, woher wir kommen, wohin wir gehen. Die Antworten der Naturwissenschaften reichen da nicht aus. Musik versteht es, uns zu verbinden, uns mitzureißen und spricht alle Sinne an. Das zeigen wir!
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