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Musik hat einen hohen Stellenwert für die Ordensgemeinschaft und die Pfarre: P. Balduin Sulzer hat das Stift Wilhering musikalisch geprägt. Mit dem neuen Stiftskapellmeister Till Alexander Körber wird – nach dem plötzlichen Tod von Kurt Azesberger – diese Tradition weitergeführt.
Wie wird man Stiftskapellmeister von Wilhering?
Till Alexander Körber: Ich habe mich beworben, es gab ein Hearing und ich wurde ausgewählt. Ich unterrichte Klavier und Klavier-Kammermusik an der Anton Bruckner Privatuniversität und bin ausgebildeter Chorleiter. Ich hatte einen gewissen Heimvorteil, da ich seit 2005 in Wilhering wohne und mich hier in der Stiftspfarre – gemeinsam mit meiner Familie – seit Jahren engagiere. Ich war schon bisher Kantor und habe mich auch als Musiker eingebracht. Ich freue mich riesig, dass ich diese Arbeit ausführen darf.
Worauf legen Sie in Ihrer Arbeit Wert? Wo möchten Sie Schwerpunkte setzen?
Körber: Mein Traum ist, Kompositionsaufträge zu vergeben. Wichtig ist da auch, dass die Musik für Laienchöre zu singen ist. Und: Ich möchte das Spektrum der Musik möglichst breit halten. Zu Pfingsten gab es etwa ein Halleluja aus Malawi, die Chrysostomos-Liturgie, ein Werke von Rachmaninow und ein Stück aus der Renaissance. Außerdem möchte ich gerne andere Ensembles zu uns einladen. Stift und Gemeinde unterstützen uns sehr. Man freut sich hier über die gute Musik!
Was kann Musik im Gottesdienst? Warum brauchen wir sie und: Warum ist sie für die Liturgie wichtig?
Körber: Jede Musik kommt aus dem Kult, das ist auch im Christentum so. Die Musik verbindet uns mit dem Judentum, was wir auch bei der Gregorianik merken. Musik ist Teil der liturgischen Handlung, die uns zu Gott trägt. Die Musik ist Teil der Opfergabe, die die Gemeinde zum Altar bringt.
Und: Für die Musik ist die Liturgie das Allererste, die Konzertsituation bleibt dagegen ein Provisorium.
Wie hat sich die Coronakrise auf den Chor ausgewirkt? Sind wieder alle am Start?
Körber: Zurzeit sind an die 20 Sängerinnen und Sänger im Chor. Einige kommen noch aus Balduin Sulzers Zeiten aus dem Domchor. Es gibt einige, die haben nun aus Altersgründen aufgehört. Zu Nachwuchs zu kommen, ist jetzt wichtig. Ich möchte daher in den Schulen unseres Sprengels und in unserer Region schauen, ob ich junge Sängerinnen und Sänger gewinnen kann. Wichtig ist mir, das musikalische Spektrum möglichst groß zu halten und auch der Jugend und ihren Stilen Raum zu geben. Menschen sollen Musik in die Liturgie einbringen können. Meine Aufgabe ist es zu koordinieren, zu integrieren – und dabei zugleich natürlich auf die Würde der Feier zu achten.
Sie sind Lehrender an der Bruckner-Privat-Universität. Gelingt es hier, junge Sängerinnen und Sänger für die Stiftsmusik zu begeistern?
Körber: Immer wieder sind Studierende der Bruckner-Uni hier in Wilhering im Einsatz. Erst kürzlich gab es eine Messe mit vier Solisten der Bruckner-Uni.
Wie wird das musikalische Erbe von Pater Balduin Sulzer in ihre Arbeit einfließen?
Körber: Seine Musik wird hier weiter gepflegt werden und in die Liturgie einfließen. Sein Schaffen ist ja noch nicht vollständig aufgearbeitet: Bei vielen Werken müssen noch die Noten gesetzt und für den Druck vorbereitet werden. Wir werden Sulzer auch andere komponierende Zeitgenossen an die Seite stellen. Was Kompositionsaufträge betrifft, fällt mir schon auf, wie wenig sich die Kirche um zeitgenössische Musik kümmert. Musik unserer Zeit ist wichtig, auch in der Liturgie: Sie zeigt, dass die Liturgie nicht alt, sondern die Vergegenwärtigung des Opfers ist.
Spannend ist die Geschichte der Gründung, auch der Fortbestand stand öfter auf wackeligen Beinen.
Wie fast alle Klostergründungen des Mittelalters verdankt auch Wilhering sein Entstehen der Stiftung durch eine reiche Adelsfamilie. Im Falle Wilhering waren es die „Herren von Wilhering“. Seit dem Ende des 11. Jahrhunderts leiteten sie die Rodungen im Gebiet nördlich der Donau. Als die Familie um 1145 ihren Wohnsitz auf die von ihr neu erbaute Burg Waxenberg verlegte, stellte sie die aufgelassene Burg Wilhering und das zugehörige Land im Donautal dem steirischen Zisterzienserkloster Rein für eine Tochtergründung zur Verfügung. Als eigentliche Stifter kann man die beiden jungen Ritter Ulrich und Kolo bezeichnen, die mit der Gründung des Klosters einen lang gehegten Wunsch ihres Vaters erfüllten. Als Gründungstag des Klosters Wilhering gilt der 30. September 1146. An diesem Tag sollen zwölf Mönche aus dem Kloster Rein mit ihrem neu bestellten Abt in Wilhering eingetroffen sein. Der Gründung folgten Jahre mit Schwierigkeiten und Krisen. Nach nicht einmal 40 Jahren zeichnete sich das Ende des Klosters ab: Von 12 Mönchen waren nur mehr zwei in Wilhering. 1185 wurde das Kloster neu besiedelt. Die Ebracher Mönche begannen im Jahr 1195 mit dem Bau einer Kirche, die in späteren Jahrhunderten immer wieder umgebaut wurde. In der Reformationszeit war das Ende des Klosters wieder einmal bedrohlich nahe: Der damalige Abt nahm die Klosterkasse an sich und floh damit nach Nürnberg, wo er sich verheiratete. 1585 war dann das Kloster gänzlich verlassen. Aber im Zuge der Gegenreformation setzte der Kaiser wieder einen tüchtigen Abt ein, den Benediktinermönch Alexander a Lacu. Als am 6. März 1733 Kloster und Kirche aufgrund von Brandlegung in Flammen standen, war das für das Kloster eine Katastrophe. Die Kirche wurde vorerst auf billigste Weise neu gebaut, jedoch im Laufe der nächsten Jahre mit höchstem finanziellen Aufwand prachtvoll gestaltet. Gerade die Rokokoausstattung sichert der Kirche bis heute ihren hohen Berühmtheitsgrad. Im Jahr 1940 kam es unter dem nationalsozialistischen Regime zur Enteignung. Im Mai 1945 erreichten die amerikanischen Truppen Wilhering. In den darauffolgenden Monaten kehrten etliche Stiftsangehörige zurück. Nach dem Zweiten Weltkrieg wuchs der Konvent auf über 60 Mönche. Neben dem klösterlichen Leben waren die Führung des Stiftsgymnasiums und die Seelsorge in den Pfarren besondere Aufgaben des Stiftes. Die Stiftsgärtnerei wurde wesentlich erweitert. Nach umfangreichen Restaurierungsarbeiten wurde 2019 das neue Stiftsmuseum eröffnet. Im September wird nun das Jubiläum 875 Jahre gefeiert.
Unter dem Stichwort „ERLEBNIS STIFT WILHERING“ werden jeden Sonntag von Ende Mai bis Ende September Kunst, Musik und Gebet auf besondere Weise verknüpft.
14.15 bis 15.15 Uhr: Kunsterlebnis im Stiftsmuseum (Anmeldung erbeten, Telefonnummer siehe Artikelende)
16 bis 16.45 Uhr: Orgelmeditation in der Stiftskirche mit Gästen aus Österreich, Deutschland und Italien
18 bis 18.30 Uhr: Vesper mit den Zisterziensermönchen in der Stiftskirche
Anmeldung: Tel. 07226/231112 (vormittags)
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