Lesen Sie alle Beiträge zum Schwerpunkt Brucknerjahr 2024
Zehn Jahre ist es her, dass Linz den Versuch unternahm, sich von der Industriestadt zur Kulturmetropole zwischen Wien und Salzburg zu verwandeln. „Linz09“ als europäische Kulturhauptstadt: Das bedeutete 365 Tage lang Kultur und ein gutes Stück Veränderung in und für Linz. Fast 3,5 Millionen Menschen besuchten mehr als 7.700 Veranstaltungen von „Linz09“ – diese Zahlen übertrafen alle Erwartungen. Die katholische Kirche hat sich mit großem Einsatz eingebracht und war u. a. mit Projekten wie „Turmeremit“, „Te deum der 1000“, „sonntagmorgen“ sowie „Ruhepol im Mariendom“ gut vertreten.
Eine Ausstellung im Schlossmuseum Linz ermöglicht nun einen Rückblick zu „Linz09“. Vom rosakarierten Infopoint bis zum gelben Haus „Bellevue“ gibt es Objekte, Souvenirs, Foto- und Bildstrecken, um die Erinnerungen im aufgestellten „Linz09“-Liegestuhl wachzurufen. Das Wiedersehen mit den zwei „Polyphonen“ von Peter Androsch, die Geräusche der ganzen Welt und „Verbotene Klänge“ von in der Nazizeit verfemten Musikern erklingen lassen, ist begrüßenswert – hoffentlich findet sich dafür eine bleibende Stätte in Linz.
Der Musiker und Komponist Peter Androsch schrieb vor 10 Jahren im „Linzbuch“ über Bruckner: „Bruckner ist ein Gigant. Seine Musik steht in der Zeit wie ein Findling.“
Wenn heute von „Linz09“ die Rede ist, dann wird im gleichen Atemzug „Bruckner 2024“ genannt. Zum 200. Geburtstag von Anton Bruckner soll der „Genius Loci“ als „Markenbotschafter“ weiterentwickelt werden. Wie kann der große Meister aus Ansfelden, der seiner Zeit weit voraus war, in der Welt von heute neu ankommen? Darüber machen sich bereits viele im Land Gedanken.
Das Etikett „Musikant Gottes“ greift sicher zu kurz, was das Genie Bruckner betrifft. Dennoch wird Kirche eine Rolle spielen müssen. Seine Ausbildungs- und Wirkungsstätte im Stift St. Florian, seine Tätigkeit als Domorganist, seine Kompositionen kirchenmusikalischer Werke sind Facetten des Menschen Anton Bruckner. Ihn für alle frucht- und hörbar zu machen, ist eine Herausforderung, für die Kirche und Land nur dankbar sein können. Bruckner muss man nicht erfinden, man muss ihn nur spielen. 2024 kann kommen.
Kommentar
Bei einer Diskussion im Schlossmuseum stellten sich passend zur neuen Ausstellung ehemalige „Linz09“-Akteurinnen und -Akteure unter der Leitung von JKU-Rektor Meinhard Lukas Fragen nach dem, was „Linz09“ vorangebracht hat, was geblieben ist und gefehlt hat. Gelobt wurde allseits, dass sich die Politik in der Programmgestaltung zurückgehalten hat und Linz über die Grenzen von Oberösterreich hinaus als Kulturstadt wahrgenommen wurde. Konnte das auch bis in die Gegenwart gerettet werden? – Nur bedingt. So schnell wie der Infopoint abgebaut wurde, schien sich auch die Stadt von „Linz09“ verabschiedet zu haben. Anstatt Kontakte und Netzwerke aufrecht zu erhalten, werkten Stadt und Land wieder jeder für sich und oft auch gegeneinander. Ein wenig in Vergessenheit geraten ist das damals laute Murren der Freien Szene über die fehlende Einbindung in die Programmgestaltung.
Heute scheint die kirchliche Mitarbeit bei Projekten von „Linz09“ kaum mehr präsent. Eine neue Herausforderung sehen nun viele im Bucknerjahr 2024. Wie bringt man Bruckner unters Volk? Sich nur in Marketingfragen zu ergehen, wird zu wenig sein. Es kann nicht nur darum gehen, Bruckner und Hotelbetten besser zu verkaufen. Ein Geburtstagskonzert mit Promi-Brunch wird zu wenig sein. Da haben auch die Touristiker/innen keine Freude, wie seit „Linz09“ bekannt ist. Das Spiegelei-Logo geistert noch in den Köpfen herum. Die Frage ist: Was war zuerst – die Henne oder das Ei? Ich sage: Zuerst muss es um das Genie Bruckner und seine Musik gehen, dann kommt das Marketing wie von selbst.
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