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Im Lukasevangelium ist natürlich nicht nur die Rede von Maria und Josef, sondern auch von Hirten und Engeln. Zunächst, so heißt es in Lukas 2,9, trat ein Engel des Herrn zu den Hirten und verkündete ihnen die Geburt Christi (vgl. Lk 2,10–12). Ein sehr bekanntes Weihnachtslied hat diese Rede des Engels nachgedichtet (Gotteslob 237):
Vom Himmel hoch, da komm ich her,
ich bring euch gute neue Mär,
der guten Mär bring ich so viel,
davon ich singn und sagen will.
Die gute Mär ist selbstverständlich die Geburt Christi. Am Schluss der letzten Strophe „freuet sich“ dann auch „der Engel Schar“. Und gerade diese vielen Engel, die sich um die Krippe scharen und das „Gloria“ anstimmen (vgl. Lk 2,14), machen ja einen wichtigen Bestandteil unserer Krippenspiele aus. Das „Gloria“ ist zwar das ganze Jahr über in der Kirche präsent, als Teil des „Ordinariums“, aber die singenden und fliegenden Engel sind vor allem zu Weihnachten aktuell, etwa in diesem, aus dem Französischen übersetzten Lied (Gotteslob 250):
Engel auf den Feldern singen,
stimmen an ein himmlisch Lied,
und im Widerhall erklingen
auch die Berge jauchzend mit:
„Gloria in excelsis Deo.“
Damit ist Lukas 2,14 dichterisch ausgestaltet. Strenggenommen steht zwar in der Bibel nicht, dass Engel singen – das „himmlische Heer“ „spricht“ das „Gloria“ eigentlich –, aber durchgesetzt hat sich wirkungsgeschichtlich ein singender Engelschor, und der klingt ja auch viel festlicher.
Ab der zweiten Strophe betreten auch die Hirten die Bühne. Sie verlassen in der vierten Strophe ihre Herde und stimmen ins Loblied der Engel mit ein:
Hirten, nun verlasst die Herden,
stimmt ins Lob der Engel ein,
dass die Lüfte tönend werden
von dem Klange der Schalmein.
Oft sieht man in den Hirten nur eine sozial ausgegrenzte Gruppe, die zeigen soll, dass Gott zu den Niederen kommt. Doch die Hirten sind viel mehr. Im Alten Testament sind „Hirt“ und „König“ oft austauschbare Bezeichnungen für Gott oder einen menschlichen Anführer des Volkes. Diese Bedeutung scheint bei Lukas mitzuschwingen. Die Mächtigen der Welt erkennen in Jesus den neugeborenen König. Gleichzeitig sind Hirten in antiken Texten oft die ersten, die vom Anbruch des neuen (kaiserlichen) goldenen Zeitalters erfahren. Auch davon hat sich Lukas inspirieren lassen. In Kirchenliedern wie den folgenden sind sie einfach Zeugen des Geschehens:
Kommet, ihr Hirten, ihr Männer und Frau’n,
kommet, das liebliche Kindlein zu schau’n.
Im folgenden Lied beschreibt ein einzelner Hirt, wie er die Botschaft des Engels empfangen hat:
Als ich bei meinen Schafen wacht,
ein Engel mir die Botschaft bracht.
Des bin ich froh, bin ich froh,
Benedicamus Domino!
Hirten dienen in manchen Weihnachtsliedern auch als Weggefährten für uns alle. Wie sie sollen auch wir uns aufmachen zur Krippe und Christus anbeten. Zum Beispiel im bekannten Lied „Adeste, fideles / Nun freut euch, ihr Christen (Gotteslob 241 und 242). Da heißt es in der zweiten Strophe:
O sehet, die Hirten eilen von den Herden
und suchen das Kind nach des Engels Wort;
geh‘n wir mit ihnen, Friede soll uns werden,
Kommt, lasset uns anbeten
den König, den Herrn.
Genauso heißt es im Lied „Ihr Kinderlein kommet“ in der dritten Strophe:
O beugt wie die Hirten anbetend die Knie,
erhebet die Hände und danket wie sie.
In manchen Weihnachtsliedern finden sich auch die unverzichtbaren Krippentiere „Ochs und Esel“, etwa im beliebten französischen Weihnachtslied „Entre le bœuf et l‘âne gris“:
Zwischen Ochs und grauem Esel
schläft, schläft, schläft der kleine Sohn.
Aber obwohl sie in keiner Krippe fehlen dürfen, findet sich biblisch kein Hinweis auf die beiden Tiere. Erst ein späterer Text aus dem 8. Jahrhundert n. Chr. hat sich die Szene, die Lukas beschreibt, näher vorgestellt. Und entfaltet sie so: „Am dritten Tag nach der Geburt des Herrn verließ Maria die Höhle und ging in einen Stall. Sie legte den Knaben in eine Krippe; Ochs und Esel huldigten ihm“. Aber eigentlich kommen die Tiere aus dem Buch Jesaja: Dort (vgl. Jes 1,3) fragt Gott verzweifelt, warum ein Ochs zwar seinen Besitzer kennt und ein Esel die Krippe seines Herrn, aber sein eigenes Volk nicht weiß, zu wem es gehört und wer es nährt. Die Kirchenväter haben dieses Zitat aus Jesaja 1 aufgegriffen und auf das neue Gottesvolk bezogen, das aus Heiden (symbolisiert durch den Esel Bileams) und Juden (symbolisiert durch den Ochsen) besteht.
Als Nebendarsteller schließlich sind Hirten, Engel und Vieh natürlich noch in einigen mehr Liedern besungen. Aber das würde hier in der Adventserie den Rahmen sprengen.
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