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Was war ihre Motivation, dieses Festival für das Salzkammergut zu gründen – und denken Sie auch an eine Einreichung für die Kulturhauptstadt 2024 im Salzkammergut?
Haselböck: Seit 40 Jahren habe ich einen Lebensmittelpunkt in Abtsdorf am Attersee, seither habe ich immer wieder im Rahmen der lokalen Kulturinitiativen mitgearbeitet. Vor zwei Jahren haben wir mit der Initiative Salzkammergut Klassik Festival mit zwei Konzerten begonnen. Ziel unseres Projekts ist es aber auch, als Ergänzung der vielen lokalen Initiativen ein Festival anzubieten, das das gesamte Salzkammergut umfassen kann. Agapen nach den Konzerten sollen zu Orten der Begegnung zwischen Künstlern und Publikum werden. Wir sehen uns als offenes Projekt mit Alleinstellungsmerkmal – aufgrund unserer Erfahrung und durch meine Tätigkeit als Kirchenmusiker sehe ich Kirchklang natürlich als mögliche Ergänzung zum Kulturhauptstadt-Programm.
Bach am Attersee, Bach am Trausee: Wie kam es zu dieser Programmierung?
Haselböck: Bach ist ein zentrales Thema unseres Programms: In Traunkirchen verwenden wir die wunderbare Orgel der Kirche zur Darstellung des „Orgelbüchleins“ Bachs mit den poetischen Texten des Dichters Bodo Hell, am Mondsee wird die Kantorei St. Michael ein Bachprogramm mit Kantaten, Motetten, Konzerten und Orgelwerken anbieten. Darüber hinaus stehen sieben Bach-Arien im musikalischen Zentrum des großartigen Musiktheaters „BLACK CAT“ mit dem Sänger Daniel Johannsen und der große Florian Boesch wird in unserem Konzert am 11. Juli in Mondsee Bachs große Solokantate „Ich habe genug“ interpretieren. Bach predigt in jedem Ton seiner Musik zu uns und seine Musik wird immer Teil des Kirchklang-Konzepts sein.
Sie wollen die Pfarrbevölkerung bei Ihren Konzerten einbinden. Warum ist Ihnen das wichtig?
Haselböck: Wir wollen nicht aufgesetzte Kulturevents, die einmalig Räume verwenden und dann verschwinden, wir wollen nachhaltig mit den einzelnen Pfarrgemeinden zusammenarbeiten. Wenn wir am 22. August ein „Orgelfest Attersee“ ansetzen, feiern wir mit den Gemeinden Abtsdorf und Nussdorf das 25-jährige Jubiläum der vom weltberühmten Orgelbauer Patrick Collon errichteten Orgeln, wenn wir das Konradfest wiederbeleben, wollen wir wie damals sowohl der Pfarrgemeinde die Schönheit heutiger Musik vorführen als auch ein an der Moderne interessiertes Publikum in diese besondere Kirche einladen. Den Pfarrmitgliedern der teilnehmenden Gemeinden werden spezielle Kartenkontingente zur Verfügung gestellt, unser Ziel war es auch, einige der hervorragenden lokalen Ensembles wie den Chor St. Michael in Mondsee in unser Programm einzubinden.
Musik in der Liturgie: Sie ist nicht bloß Dekoration, sondern Teil der Liturgie: Wo erleben Sie das Musizieren auf Augenhöhe im kirchlichen Kontext?
Haselböck: Musik ist essenzieller Bestandteil jeder Liturgie. Schon das erzwungene Verstummen des Gesangs in Coronazeiten zeigt uns, wie nötig wir das Singen als Teil der „actuosa participatio“, des aktiven Mitwirkens der Gemeinde, in der Liturgie brauchen. Musik in der Liturgie bewegt sich auf zwei Ebenen: Sie fordert einerseits Verständlichkeit und Klarheit, um sie kommunikativ einsetzen zu können, sie muss aber so groß und tief sein, dass sie ihre Geheimnisse nicht schon beim ersten Hören preisgibt. Die Qualität jeder großen Musik, sei es Bachs Matthäuspassion oder des Requiems von György Ligeti, liegt auch darin, dass wir bei jeder neuen Beschäftigung, sei es als Hörer oder als Interpret, neue Details und Botschaften entdecken. Wir spielen also in unserem Festival große Werke der Sakralmusik, aber durchaus auch „weltliche“ Kompositionen. – Mich freut besonders die Wiederbelebung des Konradfests in St. Konrad bei Oberwang: Schon vor 25 Jahren haben wir gemeinsam mit Lydia Roppolt versucht, bedeutende heutige Komponisten für das Schreiben von sakraler und liturgischer Musik zu interessieren, heute wollen wir das wieder tun. Zeitgenössische Musik stellt einen wichtigen Teil unseres Programms dar, sie wird genauso selbstverständlich zu genießen sein wie die großen Meisterwerke der Vergangenheit.
Musik in sakralen Räumen: Was ist das Besondere daran?
Haselböck: Sakralräume mit Musik – oder auch mit Tanz – zu erfüllen, läßt ein Gesamtkunstwerk entstehen, das, wie es schon Mozart formuliert hat, sowohl den „Kenner als auch den Liebhaber“ erfreuen kann: Der Liebhaber hört schöne Musik an ganz speziellen Orten, der Kenner nimmt immer mehr zusätzliche Erfahrungen und Botschaften mit. Die heutigen Strukturen des Salzkammerguts sind ohne den Rückblick auf die prägende, auch grausame Religionsgeschichte mit Reformation, Gegenreformation, Bauernkriegen nicht zu verstehen. Wenn wir Bibers Rosenkranzsonaten oder Bachs für die Salzburger Protestanten geschriebenen Kantaten aufführen oder auch Schuberts letzte Klaviersonate auf einem Flügel seiner Zeit in jenem Saal spielen, den er selbst in Traunkirchen besucht hat, so machen wir Geschichte lebendig und bringen die Musik in die dafür bestimmten Räume zurück. Und da das Salzkammergut ja keine wirklich brauchbaren Konzertsäle hat, sind die Kirchen auch akustisch die beste Möglichkeit, klassische Musik im geeignetsten Ambiente zu erleben.
Festival Kirchklang: Für unsere Abonnent/innen gibt es Karten zu gewinnen, siehe Angebot Nr. 25/24. 6., Info Festival: www.kirchklang.at
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