Gotische Wandmalerei

Während die großen Kirchen fast alle barockisiert sind, bergen die kleineren noch viele Schätze an Wandmalereien. Da in der Gotik nur die Untermalung als Fresko (auf frischem Kalkputz) ausgeführt wurde, sind die al secco (auf die trockene Wand) gemalten Details meist verloren. Vielfach wurden die Bilder nach Seuchen übertüncht und bei der Freilegung beschädigt oder übermalt. Erst die jüngsten Neuentdeckungen blieben verlustfrei.

FRÜH- UND HOCHGOTIK

Am Beginn stehen die Malereien im Karner von Mauthausen. Als Zeugnisse des von der Linie bestimmten „Zackenstils“ zeigen sie in byzantinischer Tradition Christus als Pantokrator (Weltherrscher), begleitet von Maria, Johannes dem Täufer und Tauben als Symbole der Gaben des Heiligen Geistes.

Es folgten die Malereien im Chor der einstigen Bürgerspitalkirche in Enns und in der Pfarrkirche von Kronstorf. In der Kapelle von Schloss Steyregg ist Abraham mit den erlösten Seelen in seinem Schoß zu sehen, begleitet vom hl. Christophorus und der Schutzmantelmadonna.

Im 1337 erbauten Karner von Ranshofen knien Maria und Johannes der Täufer bittend vor Gott. Auf einer Malerei in Waldneukirchen wiegt der hl. Michael eine Seele, wobei Teufel vergeblich die Waagschale zu beschweren versuchen. Vollständig bemalt ist das Innere der Johanniterkapelle im Ennser Frauenturm, wo das Kreuz als Arbor vitae (Baum des Lebens) durch einen Passionszyklus ergänzt wird. Die Juden sind hier an ihren spitzen Hüten zu erkennen.

Im Kapitelsaal von Stift Engelszell sieht man zwei Ordensmänner zu Füßen der thronenden Madonna. Gut erhalten sind auch die Evangelisten, das (teilweise übermalte) Jüngste Gericht, die Schutzmantelmadonna und der selten dargestellte Zug der Heiligen Drei Könige in der Filialkirche von Stadlkirchen.  

SCHÖNER STIL UND SPÄTGOTIK

Das Volto Santo (Heiliges Antlitz) in der Linzer Martinskirche erzählt die Legende vom armen Spielmann, dem der Gekreuzigte im Dom von Lucca einen goldenen Schuh zuwarf. Des Diebstahls angeklagt, bewies er seine Unschuld, als ihm Christus auch den zweiten Schuh schenkte.

Ein böhmischer (?) Maler schuf um 1390 den Fries mit Heiligen und Szenen aus dem Leben Jesu in der einstigen Kapelle im Turm der Burg Clam.

Die Gründungskapelle des einstigen Stifts Pulgarn enthält zwei Bilder der Kreuzigung, ein älteres und ein späteres, das eine dicht gedrängte Menschenmenge um den Gekreuzigten zeigt. Die gebrochenen Glieder der beiden Schächer sind um ihre Kreuze geflochten. Derselbe Maler schuf auch den Drachenkampf des hl. Georg und die Evangelistensymbole im Gewölbe.

Einen Eindruck der einstigen Farbigkeit bietet die 1433 geweihte Kirche von St. Leonhard bei Pucking. Im Gewölbe sind hier Evangelisten, Kirchenväter und der hl. Bernhard zu sehen, an den Wänden der Öl- und der Kalvarienberg sowie Apostel und Heilige, darunter Michael als Seelenwäger, der auch in der Michaelskapelle der Pfarrkirche von Freistadt dargestellt ist.

Eine Strahlenkranzmadonna ziert die Greberkapelle der Pfarrkirche von Braunau. Viele Kirchen besitzen reiche ornamentale Gewölbemalereien. In ihrer Art einmalig sind die moralisierenden Szenen der „Weibermacht“ und der „verkehrten Welt“ im 1462 errichteten Pfarrhof in Ostermiething. Von den einst zahlreichen Außenmalereien blieb die 1482 datierte Marienkrönung an der Liebfrauenkirche in Freistadt gut erhalten. 1490 entstanden die Bilder über dem Portal der Pfarrkirche von Hallstatt. Neben der Kreuztragung zeigen sie Jesus vor der Kreuzaufrichtung als Schmerzensmann auf dem liegenden Holz sitzend.

Unter den Wandmalereien des Donaustils sind jene in der Gruftkapelle der Prager von Pragthal in Altenburg und in der Wegkapelle „Hohes Kreuz“ in Mondsee die bedeutendsten.