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Reihe mit Lothar Schultes

Der gerettete Palmesel

alt & kostbar

Geschnitzte Palmesel gibt es heute kaum mehr. Sie wurden im 18. Jahrhundert bewusst zerstört, nachdem es bei den Umzügen zu Jahrmarktszenen kam.

Ausgabe: 14/2022
05.04.2022
- Lothar Schultes
Christus auf dem Palmesel, Bayern (?), um 1490, Holz, alte Fassung, Linz, Schlossmuseum
Christus auf dem Palmesel, Bayern (?), um 1490, Holz, alte Fassung, Linz, Schlossmuseum
© L. Schultes

Ein Palmesel mit Christusfigur ist im Linzer Schlossmuseum zu bewundern. Er wurde gerettet und ist über 500 Jahre alt. 

 

Am Beginn der Karwoche, sieben Tage vor Ostersonntag, wurde seit frühchristlicher Zeit das Fest des Einzugs Christi in Jerusalem gefeiert. Über das Mitführen einer Figur des auf dem Füllen einer Eselin reitenden Christus wird bereits um 990 in der Lebensbeschreibung des hl. Ulrich von Augsburg berichtet, doch entfaltete sich der Brauch erst im Spätmittelalter. 

 

Zahlreiche Prozessionen

 

Damals fanden an etwa 300 Orten Palmprozessionen statt. Selbst so bedeutende Künstler wie Hans Multscher schufen geschnitzte Figuren des Palmesels. Mehr als andere Zeugnisse mittelalterlicher Frömmigkeit waren sie dem Spott der Reformatoren ausgesetzt. Besonders kritisiert wurde die Erteilung von Ablässen für die Teilnahme an der Prozession. 

 

Palmesel-Konvoi mit Kannen Bier

 

In der Barockzeit kam es mancherorts zu einer Neubelebung des Brauchs, mit merkwürdigen Auswüchsen. So wird überliefert, dass Kinder auf dem Esel mitreiten durften. Ein Chronist schrieb 1805: „Hier in Landshut zogen ihn die Ministranten, und sie durchwanderten ... alle Gassen und Straßen der Stadt, Mesner und Kirchendiener besorgten das Ab- und Aufsteigen der kleinen Passagiers, wo für eine Station von 40 bis 50 Schritten schon wieder bezahlt werden musste, und so gieng es am Vorabend, wie am Sonntag selbsten, in einem Trott fort. Gleichwie nun noch keine Reise oder Caravanne unternommen wurde, wo nicht die Arbeiter Erfrischungen unter Wegs zu sich nahmen, so war es bey diesem heiligen Zuge um so weniger zu vermuthen, als die Bräuers- und Wirthsleute schon mit Kannen Bier dem Palmesel-Convoi entgegen giengen, und Erfrischungen darbothen; daher es noch alle Jahre geschah, daß, außer dem Heiland und Esel, niemand anderer nüchtern zurückkam“ – soweit ein Blick in die Geschichte. Derartige Missbräuche führten zur Zeit der Aufklärung dazu, dass viele Palmesel zerstört wurden. 

 

Beweise für Vernichtung gefordert

 

In Salzburg forderte der Erzbischof sogar, dass Teile der zerhackten Figur als Beweis ihrer Vernichtung an den Konsistorialrat zu senden waren. 1785 ergab eine Umfrage, dass kein Palmesel mehr vorhanden war. Dennoch wurden zumindest zwei Figuren gerettet. Eine stammt aus Hallein und ist bis heute in Puch beim jährlichen Palmsonntagsumzug in Verwendung, die andere wurde angeblich in Salzburg erworben, kam 1961 mit der Sammlung des Diplomaten Edgar Spiegl von Thurnsee aus Engleithen bei Bad Ischl ans Land Oberösterreich und ist heute im Linzer Schlossmuseum zu bewundern. 

 

Reihe „alt und kostbar“ mit Lothar Schultes

 

Lothar Schultes (Bild) studierte in Wien Bildhauerei bei Wander Bertoni sowie Archäologie und Kunstgeschichte. Er arbeitete im Belvedere und an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt, ehe er 1985 ans OÖ. Landesmuseum kam, wo er bis zu seiner Pensionierung 2020 die Sammlungen Kunstgeschichte und Kunstgewerbe leitete. Viele kennen Schultes von Vorträgen im „Deep Space“ des AEC. Er ist Autor und Künstler und gestaltet im Jahr 2022 für die KirchenZeitung die neue Reihe „alt und kostbar“. Hier stellt er vorwiegend Alte Kunst im Kontext des Kirchenjahres vor.

 

 

 

KiZ Tipp

Kunst am Gründonnerstag

 

Der Sebastianaltar von Albrecht Altdorfer

 

Anfang des 16. Jahrhunderts schuf der Regensburger Maler Albrecht Altdorfer für die Stiftskirche St. Florian den Sebastiansaltar. Er zählt zu den bedeutendsten Schöpfungen der altdeutschen Malerei. Die Tafelbilder dieses Altares mit den intensiven Farben und bewegender Dramatik zeigen die Passion Jesu und das Martyrium des heiligen Sebastian. 
Fachkundige Kommentare geben der Theologe Dr. Michael Zugmann und der Kunsthistoriker Dr. Lothar Schultes

 

Termin: Do, 14. April 2022, 17 Uhr
Ort: Linz, Ars Electronica Center, Deep Space
Begleitung: Michael Zugmann und Lothar Schultes

 

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Autor und Künstler Lothar Schultes gestaltet seit 2022 für die Kirchenzeitung die Reihe „alt und kostbar“. Dabei stellt er vorwiegend Alte Kunst im Kontext des Kirchenjahres vor. 

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Lothar Schultes studierte in Wien Bildhauerei bei Wander Bertoni sowie Archäologie und Kunstgeschichte. Er arbeitete im Belvedere und an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt, ehe er 1985 ans OÖ. Landesmuseum kam, wo er bis zu seiner Pensionierung 2020 die Sammlungen Kunstgeschichte und Kunstgewerbe leitete. Viele kennen Schultes von Vorträgen im „Deep Space“ des AEC. 

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