Gusen als „Nebenlager“ des KZ Mauthausen zu bezeichnen, wird dem Ausmaß des Grauens nicht gerecht: Zeitweise gab es dort mehr als doppelt so viele KZ-Häftlinge wie im „Hauptlager“. „Vernichtung durch Arbeit“ lautete das Prinzip, mindestens 35.800 Menschen starben dort. Die Häftlinge kamen aus 27 Nationen, einige waren Priester, darunter der Oberösterreicher Johann Gruber. Als „Papa Gruber“ leistete er Widerstand und bot seinen Leidensgenossen Hilfe. Am 7. April 1944 wurde er zu Tode gefoltert.
Heute sind die meisten Grundstücke des einst aus drei Lagern bestehenden Komplexes in Privatbesitz, auch wenn es eine Gedenkstätte mit Besucherzentrum gibt. Aber wichtige Teile wie der Appellplatz, das sogenannte Jourhaus, der „Steinbrecher“ oder der Steinbruch sind nicht zugänglich bzw. nicht als Gedenkort gestaltet. Von einigen Eigentümern wurden 2018/19 Verkaufsabsichten geäußert. Zuletzt machte die Republik Polen Druck mit dem Vorstoß, die Immobilien selbst zu kaufen, sollte Österreich untätig bleiben. Die Regierungsvereinbarung zwischen ÖVP und Grünen gibt nun Hoffnung.
Entsprechend positiv reagieren Christoph Freudenthaler, Obmann des Vereins „Plattform Johann Gruber“, sowie Julia Mayr vom „Papa Gruber Kreis“ der Pfarrgemeinde St. Georgen an der Gusen. „Es gibt die Chance, in Gusen nicht nur an die Verbrechen zu erinnern, sondern auch daran, wie sich das Verhalten von Johann Gruber auf andere Menschen ausgewirkt hat“, sagt Mayr. Man solle Erinnerung nicht als Bürde, sondern als Chance sehen.
Wie Mayr verweist auch Freudenthaler auf die bislang unveröffentlichte Machbarkeitsstudie des Innenministeriums für eine Erweiterung der Gedenkstätte Gusen. Dass das Thema im Zuge der Regierungsverhandlungen an Gewicht gewonnen habe, sei nicht nur auf den Druck vonseiten Polens zurückzuführen, sondern auch auf Aufklärungsarbeit hinter den Kulissen. Vor Ort seien auch das Gedenkdienstkomitee Gusen oder die „Bewusstseinsregion Mauthausen – Gusen – St. Georgen“ in der Gedenkarbeit aktiv.
Allerdings wurde bei einem Informationsabend vergangene Woche deutlich, dass die Erweiterung von den direkten Anrainern als belastend empfunden wird.
Freudenthaler erinnert daran, dass die verkaufswilligen Grundstückseigentümer auf ein Agieren der Republik warten würden. Auf die Anfrage nach dem weiteren Vorgehen antwortete das Innenministerium, dass die Machbarkeitsstudie derzeit um ein Sachverständigengutachten ergänzt werde. Dieses solle den Verkehrswert der Liegenschaften feststellen, die für die Erweiterung der Gedenkstätte grundsätzlich infrage kämen. Das Gutachten solle Ende Februar vorliegen, und auf dessen Basis werde dann unter Einbeziehung aller Beteiligten der weitere Prozess hin zu Ankauf und Weiterentwicklung der Gedenkstätte Mauthausen-Gusen entschieden. «
Hintergründe zu Johann Gruber auf:
www.dioezese-linz.at/papagruber
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